Person: Streiter APIS

StreiterJosephStreiter, Joseph; Ps. Berengarius IvoBerengarius Ivo9.7.180417.7.1873Literatur, Buch- und ZeitungswesenRechtswesen und RechtswissenschaftPolitikJurist, Politiker und Schriftstellerhttps://apis-edits.acdh-dev.oeaw.ac.at/entity/30137/

Sohn eines Kaufmanns, Neffe des Fürstbischofs von Trient Johann Nep. v. Tschiderer zu Gleifheim, Großvater von Oswald S. (s. u.). – S. absolv. 1821–23 die phil. Stud. in Trient (Trento) und stud. 1824–27 Jus an der Univ. Innsbruck; 1828 Dr. jur. an der Univ. Padua, 1828–35 absolv. er die Advokatenpraxis bei Anton Widmann in Bozen. 1837 wurde er Gerichtsadvokat in Cavalese, dann in Bozen, wo seine bekannt liberale Einstellung bis dahin eine berufl. Etablierung verhindert hatte. Erste polit. Äußerungen fielen in die Jahre um 1840, bis mit der Revolution 1848 sein Einstieg in die Politik erfolgte. Mit einer Kandidatur zur Frankfurter Nationalversmlg. 1848 an den Konservativen gescheitert, war S. in der Kommunalpolitik erfolgreicher: 1851–61 Bgm. von Zwölfmalgreien (Bolzano/Bozen), 1861–71 Bgm. von Bozen, flankiert von Mandaten im Tiroler LT (1866–72). In Bozen verknüpfte S. städt. Infrastrukturpolitik mit Themen des Kulturkampfs, so feierte er die Einführung der Gasbeleuchtung als Auftakt der liberalen Epoche des Lichts und des Kampfs gegen klerikale Finsternis. Mit seiner freisinnigen und antiklerikalen Werthaltung galt S. als Hauptexponent des Kulturkampfs in Tirol, in dem er durch sein polem. Talent, scharfe polit. Analysen und öffentlichkeitswirksame Aktionen auf der kommunalpolit. Bühne hervortrat. Im Literaturbetrieb war der hochgebildete und polyglotte S. als Mitinitiator des vormärzl. Taschenbuchs „Alpenblumen aus Tirol“ (1828–30), als Freund der meisten Tiroler Literaten seiner Zeit, durch literar. und persönl. Kontakte im gesamten dt. Sprachraum (u. a. mit Grillparzer, Fallmerayer, Steub, alle s. d., Ludwig Tieck und Berthold Auerbach) bedeutend. Sein schmales literar. Werk ist jedoch nicht über Tirol hinausgedrungen. Seit den 1840er Jahren verf. er kaum noch Ged. und Dramen, sondern als „rücksichtsloser Fortschrittsmann“ fast nur noch scharfe Polemiken gegen den Klerikalismus, etwa für die Leipziger „Grenzboten“, die man auch außerhalb Tirols wahrnahm. Sein Artikel „Poetische Regungen in Tirol“ in der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“ vom 6. 12. 1843 löste den „Sängerkrieg in Tirol“ (Steub) aus, der eine dauerhafte Polarisierung zwischen liberalen und konservativen Autoren zur Folge hatte. S.s Enkel Oswald S. (geb. Bozen, 21. 11. 1879; gest. ebd., 18. 11. 1930; röm.-kath.) stud. nach Absolv. des Franziskanergymn. in Bozen ab 1900 Jus an der Univ. Graz, 1901–04 an der Univ. Innsbruck, wo er 1904 auch ein Med.stud. begann; 1913 Dr. med. Im 1. Weltkrieg diente er vorerst als Lt. an der serb. Front, zuletzt war er Rgt.arzt auf dem südl. Kriegsschauplatz. 1918–19 trug er als Mitgl. des Bozner Wehrausschusses zum geordneten Rückzug der Frontsoldaten bei. Danach war Oswald S. Arzt bei der Feuerwehr in Zwölfmalgreien. Künstler. talentiert, verf. er Lyrik und fertigte zahlreiche med. Zeichnungen nach mikroskop. Bildern sowie Karikaturen an. S. war einer der Gründer und jahrelanger Obmann des Bozner Jagdschutzverbands.

Streiter Joseph, Ps. Berengarius Ivo, Jurist, Politiker und Schriftsteller. Geb. Bozen, Tirol (Bolzano/Bozen, Italien), 9. 7. 1804; gest. ebd., 17. 7. 1873; röm.-kath.

Weitere W.: Die Lebensquelle, 1839; Dichtungen, 1843; Die Jesuiten in Tirol, 1845; Die Revolution in Tirol, 1851; Der Assessor, 1860; Stud. eines Tirolers, 1862; Rudolph und Margarethe, 1863; Der Tiroler Befreiungskampf von 1813, 1866; Bll. aus Tirol, 1868; etc. – Übers. und Bearb.: Die Lehre vom dingl. Rechte des Grundpfandes nach dem österr. allg. bürgerl. Gesetzbuche ..., 1839. – Nachlaß: Südtiroler LA/Archivio provinciale, Bolzano/Bozen, Italien; Bibl. des Tiroler Landesmus. Ferdinandeum, Innsbruck, Tirol.