Thaly, Kálmán

Thaly (de Thal) Kálmán (Koloman), Historiker, Schriftsteller und Politiker. Geb. Csep (Csép, H), 3. 1. 1839; gest. Záblat/Vágszabolcs, Ungarn (Záblatie, SK), 26. 9. 1909.

Aus einer calvinist. Familie des mittleren Adels stammend; Sohn des Richters Lajos T. (de T.) und seiner Frau Katalin T. (de T.), geb. Barthalos v. Nagymád, Cousin von →Zsigmond T. (de T.). – T. absolv. das evang. Lyzeum in Preßburg und das ref. Gymn. in Pápa. Ab 1856 stud. er an der Univ. Pest ref. Theol., wechselte aber, als die Univ. ung.sprachig wurde, zu Jus und Philol. Er beteiligte sich aktiv an den gegen die Wr. Regierung gerichteten Studentenbewegungen (sein Buch „Szabadság hajnala“ – Morgendämmerung der Freiheit – wurde 1861 konfisziert). 1860–64 war er Mitarb. der Ztg. „Pesti Napló“, 1864–69 unterrichtete er ung. Literatur am Pester ref. Obergymn. Ab 1869 Sekr., dann Sektionsrat im ung. Min. für Landesverteidigung, spielte er eine wesentl. Rolle bei der Gestaltung der ung. Militärfachsprache. 1875 quittierte er den Dienst und übersiedelte nach Preßburg. T. war ab 1878 LT-Abg. der Unabhängigkeitspartei, deren Vizepräs., dann Ehrenvors. er wurde. Seine kurze belletrist. Tätigkeit (1855–61) war von nationalist. Strömungen sowie von Dichtern und Schriftstellern in der Nachfolge →Sándor Petofis beeinflusst. Aufmerksamkeit erregte er insbes. durch die Veröff. von Lyrik der Kuruzzenzeit sowie durch seine Nachdichtungen, wobei er eigene Verse unausgewiesen auch in Quellened. einfließen ließ. Ab Mitte der 1860er-Jahre widmete er sich, von →László Szalay v. Kéménd ermutigt, zunehmend der Historiographie. 1864 erschien die zweibändige Quellened. „Régi magyar vitézi énekek és elegyes dalok“, 1865 seine idealisierende, romant. gefärbte Monographie über den Kuruzzen-Gen. Bottyán János, die jedoch massive Kritik erfuhr. 1867 war T. maßgebl. an der Gründung der Magyar Történelmi Társulat (Ung. Hist. Ges.) und ihrer Z. „Századok“ beteiligt. Er erforschte und ed. zahlreiche Quellen zum Rákóczi-Aufstand, darunter das zehnbändige „Archivum Rákóczianum“ (1873–89), das wegen method. Mängel angegriffen wurde. Als er auch als Red. der „Századok“ in scharfe Auseinandersetzungen mit namhaften Historikern geriet, dankte er 1875 als Sekr. der Magyar Történelmi Társulat und als Red. ab. 1888–89 suchte T. die Grabstätten Rákóczis und seiner Weggefährten in der Türkei auf und erwirkte die Überführung und Neubestattung (1906) ihrer sterbl. Überreste in Ungarn. Der von ihm aufgebaute „Rákóczi-Kult“ wurde bereits zu seinen Lebzeiten kritisiert, doch prägte T. mit seinen Werken das Bild jener Epoche nachhaltig. Anlässl. der Millenniumsfeierlichkeiten initiierte er die Errichtung von Turul-Statuen an verschiedenen Punkten Ungarns. T. beteiligte sich an der Organisation der Millenniumsausst. in Budapest 1896 und des ung. hist. Pavillons auf der Pariser Weltausst. Er gehörte zahlreichen in- und ausländ. literar. und wiss. Vereinigungen an, wurde 1864 k. M., 1880 o. Mitgl., 1907 Ehrenmitgl. der MTA und war ab 1904, dann ab 1907 Vors. der Hist. und Phil. (II.) Komm. 1889–97 stellv. Vizepräs., 1898–1900 Vizepräs. und bis 1909 Zentralausschussmitgl. der Magyar Történelmi Társulat. Er erhielt u. a. 1908 den Großen Preis der MTA und 1901 das Ritterkreuz des St. Stephans-Ordens.


Werke: Weitere W. (s. auch Várkonyi, 1961; Új magyar irodalmi lex.; Új magyar életrajzi lex.): Rákóczi-tár, 2 Bde., 1866–68; II. Rákóczi F. fejedelem ifjúsága 1676–1701, 1881, 2. Aufl. 1884; etc.
Literatur: Biograph. Lex. Südosteuropas; Szinnyei; Wurzbach; M. Borbély, T. K. költoi munkássága, 1927; D. Veszprémy, Tali és széchy-szigeti Dr. T. K. életrajza 1–2, 1928–31; ders., T. K. védelme, 1931; I. Varga, A kuruc költészet hitelessége, 1936, S. 51; G. Féja, Régi magyarság, 1937, S. 197; Á. R. Várkonyi, T. K. és történetírása, 1961 (m. B. u. W.); dies., A pozitivista történetszemlélet a magyar történetírásban 1–2, 1973, s. Reg.; Új magyar irodalmi lex. 3, 2. Aufl. 2000 (m. W. u. L.); L. Markó u. a., A MTA tagjai 1825–2002, 3, 2003 (m. B.); Új magyar életrajzi lex. 6, 2007 (m. B., W. u. L.); I. Romsics, Clio buvöletében, 2011, s. Reg. (m. B.).
Autor: (I. Soós)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 65, 2014), S. 284
geboren in Csép
gestorben in Veľké Záblatie

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