Sohn des Kaffeesieders Leopold Thausig und von Elisabeth Thausig, geb. Jeiteles. – T. begann ein Med.stud. an der Univ. Prag (nicht nachweisbar), das er wahrscheinl. nicht abschloss. Anfang der 1840er-Jahre übersiedelte er nach Wien, wo er u. a. im Haus von →Rudolf v. Arthaber Engl. und Französ. unterrichtete. Dort wurde er Mitgl. eines Diskussionszirkels, dem u. a. →Karl Eduard Bauernschmid und →Johann Nepomuk Berger angehörten, und trat in Kontakt zum Jurid.-Polit. Lesever. Seit Beginn der Märzrevolution 1848 gehörte T. jenem Studentenkomitee an, das bis zur Bildung des Sicherheitsausschusses die Führungsrolle der revolutionären Bewegung innehatte. Ab April 1848 zählte er zu den führenden Mitgl. der Ges. der Volksfreunde, die sich bald gegen die Regierung stellte. Er beteiligte sich aktiv an der „Sturmpetition“, blieb aber mit seinen Forderungen (u. a. Einsetzung einer prov. Regierung unter Erzhg. →Johann) erfolglos. Im Juni wurde er Präs. des Demokrat. Ver., des Nachfolgers der Ges. der Volksfreunde, bei dessen Versmlgg. er die Wr. Kabinettspolitik gegenüber der ung. Regierung scharf verurteilte. Ab Frühjahr 1848 arbeitete er an der von →Alfred Julius Becher und →Hermann Jellinek red. Ztg. „Der Radikale“ mit, wurde jedoch erst im Herbst einer der Hauptmitarb. dieses Bl. und schrieb außerdem ab Juli für die Ztg. „Der Unpartheiische“. In dem Ende September ausgebrochenen Konflikt zwischen Journalisten und RT über die Freiheit der Berichterstattung wurde er zum Vors. des neu gegr. Journalistenver. gewählt. T., der auch rege Verbindungen zu demokrat. Persönlichkeiten und Ver. in Dtld. unterhielt, sprach sich in den folgenden Wochen entschieden für eine Weiterführung der Revolution und für den Sturz des Min. Doblhoff-Wessenberg aus. Nach dem Zusammentreffen mit einer ung. Delegation unter →Ferenc Pulszky v. Cselfalva u. Lubócz trat T. ab Ende September gegen die Entsendung von Truppen nach Ungarn ein, für die Kriegsminister →Theodor Gf. Baillet de Latour verantwortl. gemacht wurde, und machte Verbindungen zwischen Latour und den heranrückenden Jelacic-Truppen bekannt. Er forderte erneut, sich der Entsendung von Regimentern gegen Ungarn zu widersetzen, und verlangte den Rücktritt des Ministers. Die militär. Komm., die den Mord an Latour untersuchte, zählte ihn später, neben →Hans Kudlich und Adolf Chaizes, zu den geistigen Hauptverantwortl. für diese Tat. Anfang Oktober unterzeichnete T. einen Hilfeaufruf an die ung. Armee sowie einen Aufruf an die Steirer zum Widerstand gegen die Truppen des K. Ende Oktober aktiv in der ung. Armee am Gefecht von Schwechat-Rauchenwarth beteiligt, begab sich T. nach deren Niederlage über Preßburg nach Budapest, wo er mehrere öff. Auftritte, u. a. auch im ung. RT, hatte. Im März 1849 verließ er Ungarn, nachdem ihn die Militärbehörden in absentia wegen Hochverrats zum Tod verurteilt und einen Steckbrief gegen ihn erlassen hatten. T. begab sich über Breslau (Wroclaw) nach Paris, wo er nach Ende der dortigen Revolution im Mai 1849 inhaftiert und wenig später aus Frankreich ausgewiesen wurde. T. übersiedelte nach London: Dort beteiligte er sich in der ersten Hälfte der 1850er-Jahre an den Aktivitäten verschiedener Emigrantenzirkel und stand in regem Kontakt mit führenden revolutionären Demokraten Dtld., Italiens und Frankreichs. Er zählte zu den Hauptinitiatoren der im Juni 1851 gegr. German Agitation Union, die sich aber bald darauf in Gegensätze zu anderen Gruppierungen um Arnold Ruge verstrickte. Die geplante Übernahme der Red. eines jüd. Bl. in Hamburg scheiterte ebenso wie Bemühungen, Kontakte nach Österr. und Dtld. aufzubauen bzw. aufrechtzuerhalten. Mitte der 1850er-Jahre zog er sich aus dem polit. Leben zurück, lehnte die ihm durch die polit. Amnestie vom Juni 1867 angebotene Rückkehr nach Österr. ab und lebte bis zu seinem Tod als Sprachlehrer in Richmond außerhalb Londons.
Literatur: Dt. Ztg. (A.), NFP, 16. 10. 1873; Czeike; Wurzbach; G. Struve – G. Rasch, Zwölf Streiter der Revolution, 1867, S. 157ff.; H. Tietze, Die Juden Wiens, 1933, Neuaufl. 1987, s. Reg.; I. Fischer, Wiens Mediziner und die Freiheitsbewegung des Jahres 1848, 1935, S. 91f.; E. Hanisch, Der kranke Mann an der Donau …, 1978, s. Reg.; W. Häusler, Von der Massenarmut zur Arbeiterbewegung, 1979, s. Reg.; H. Kapp, Revolutionäre jüd. Herkunft in Europa (1848–49), sozialwiss. Diss. Konstanz, 2006, s. Reg.; Ch. Lattek, Revolutionary Refugees …, 2006, s. Reg.; AVA, Dompfarre St. Stephan, HHStA, alle Wien; Národní archiv, Praha, CZ.
Autor: (Th. Venus)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 64, 2013), S. 216f.