Štursa, Jan

Štursa Jan, Bildhauer und Lehrer. Geb. Neustadtl, Mähren (Nové Mesto na Morave, CZ), 15. 5. 1880; gest. Praha, Tschechoslowakei (CZ), 2. 5. 1925 (Selbstmord).

Š. absolv. ab 1894 seine Ausbildung an der Steinmetzschule in Horitz (Horice v Podkrkonoší), einer der besten Fachschulen der Monarchie. 1899–1904 stud. er an der Prager ABK bei →Josef Václav Myslbek, 1908–14 arbeitete er als dessen Ass. Ab 1916 fungierte er als Prof. der dortigen Medaillenkl., wurde 1919 Leiter der Schule für Bildhauerei an der Akad. výtvarných umení und war 1922–24 deren Rektor. Š., der sich mithilfe eines Stipendiums 1904 in München, London und Paris (wo er vom Bildhauer Medardo Rosso beeinflusst wurde) weiterbildete, knüpfte – nach Prag zurückgekehrt – Kontakte mit der Prager „Moderní revue“, dem führenden Organ der tschech. Dekadenz und des Symbolismus. Diese Affinität zur modernen Dichtung spiegelte sich auch in seinen ersten Arbeiten wider, wobei sein „Melancholisches Mädchen“, 1906, als der Höhepunkt seiner ersten Schaffensperiode gilt. Im Ver. bildender Künstler Mánes lernte er →Jan Kotera kennen, durch den er vor dem 1. Weltkrieg zahlreiche Aufträge für Dekorationen erhielt. Eine Ausst. der Werke des Bildhauers Emile Antoine Bourdelle in Prag 1909 beeinflusste Š. stark, was sich speziell bei seiner monumentalen Skulpturengruppe „Arbeit und Humanität“, 1912–13, am linksseitigen Brückenkopf der Hlávka-Brücke in Prag zeigte. Sein Hauptwerk aus dieser Periode, die „Bauchtänzerin Sulamit Rahu“, 1910–11, fand international großen Anklang, wurde 1920 durch die Moderne Galerie in Venedig angekauft und dort ausgest. 1913 zeigte sein Entwurf für das Jan-Žižka-Denkmal in Prag auch Einflüsse des Kubismus, jedoch war es seine Statue „Ruhende Tänzerin“, 1913–14, die schließl. als seine beste und typ. Arbeit bewertet wurde. Seine bedrückenden Kriegserlebnisse verarbeitete Š. in dem monumentalen Werk „Der Verwundete“, 1920–21. I. d. F. schuf er zahlreiche Denkmäler von bedeutenden Persönlichkeiten der tschech. Kultur, u. a. →Svatopluk Cech, 1918–24, →Friedrich (Bedrich) Smetana, 1924, Jan Amos Komenský, 1923–24, sowie Büsten (Eduard Vojan, Max Švabinský, →Božena Nemcova, Marie Hübnerová und →Leoš Janácek). Sein künstler. Schaffen fand durch seinen frühen Tod ein jähes Ende. Š., dessen Arbeiten sich durch große Gefühlstiefe auszeichnen, zählt gem. mit Myslbek und Otto Gutfreund zu den wichtigsten tschech. Bildhauern des beginnenden 20. Jh. und den Begründern der modernen tschech. Skulptur. Š., ein hervorragender Lehrer, war u. a. ab 1904 Mitgl. des Ver. bildender Künstler Mánes (1912 Obmann), ab 1907 k. M. des Hagenbunds, Gründungsmitgl. der Vereinigung der bildenden Künstler Mährens (1907), k. M. der Böhm. K. Franz Joseph-Akad. der Wiss., Literatur und Kunst, Mitgl. des Kuratoriums der Modernen Galerie in Prag und Mitgl. der Societé Nationale des Beaux-Arts in Paris.


Werke: Weitere W.: s. Wittlich, 2008.
Literatur: Prager Tagbl., 3. 5. 1925 (m. B.); Enc. lik. umj.; Otto, Erg.Bd.; Thieme–Becker; Vollmer; A. Matejcek, J. Š., 1923; J. Š. Svedectví soucasníku a dopisy, ed. J. Šebek, 1962 (m. B.); J. Mašín, J. Š., 1880–1925, geneze díla, 1981 (m. B.); Tschech. Kunst 1878–1914 auf dem Weg in die Moderne, Darmstadt 1984, S. 339f. (Kat., m. B.); Lex. der Kunst 7, 1994 (m. L.); The Dictionary of Art 29, 1996; P. Wittlich, Die Bildhauerkunst der Tschech. Sezession, 2001, s. Reg.; Kunst des 20. Jh., bearb. M. Pappernigg, 2001; P. Wittlich, J. Š., 1880–1925, 2008 (m. W.).
Autor: (P. Wittlich)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 63, 2012), S. 15f.
geboren in Nové Město na Moravě
gestorben in Prag

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