Ströhl, Hugo Gerard

Ströhl Hugo Gerard (Gerhard), Heraldiker und Zeichner. Geb. Wels (OÖ), 24. 9. 1851; gest. Mödling (NÖ), 7. 12. 1919.

Sohn eines Finanzbeamten. – Nach Besuch der Oberrealschule in Linz (1870 Matura) stud. S. 1870/71 am polytechn. Inst., 1871–73 (mit Unterbrechung) Malerei bei Karl Mayer (s. d.) an der ABK in Wien und ver-diente seinen Lebensunterhalt durch Mitarb. an verschiedenen Z., v. a. „Der Floh“ (1873) und „Die Bombe“ (1874–76). 1873–75 stud. er an der Kunstgewerbeschule bei Laufberger, 1875–77 war er Ass. bei Rieser (beide s. d.) und Valentin Teirich. 1877 absolv. er die Staatsprüfung für Freihandzeichnen und Geometrie, 1876–98 unterrichtete S. als Fachlehrer für kunstgewerbl. Zeichnen an gewerbl. Fortbildungsschulen in Wien. 1899 verlegte er seinen Wohnsitz nach Mödling. Bereits 1878 hatte er ein Atelier für Kleinkunst gegr., wobei die Buch- und Papierausstattung mit Kleinornamentik sein hauptsächl. Tätigkeitsfeld bildete. Dabei arbeitete er immer wieder Wappenzeichnungen in die verschiedensten Vorlagen ein. Bald war er so erfolgreich, daß er seine Produkte u. a. auch nach Bern, Kassel, Leipzig und Berlin lieferte. Seine immense Sammeltätigkeit von Wappen aller Art ermöglichte ihm i. d. F., ausschließl. Wappenwerke zu publ. In seinem herald. Erstlingswerk, die „Oesterreichisch-Ungarische Wappenrolle …“ (1890, 3. Aufl. 1900, Reprint 2010), verwendete er in exakter Nachzeichnung zum ersten Mal jene habsburg. Hauskrone in den Staatswappen, die 1804 zur Krone des österr. Kaisertums bestimmt worden war, und schuf damit ein umfassendes Kompendium der offiziellen Staatsheraldik; bereits 1897 veröff. er die nach dem gleichen Muster aufgebaute „Deutsche Wappenrolle“ (Reprint 2006). Mit seinem „Heraldischen Atlas“ (1899, Reprint 2000) versuchte er, Künstlern, Gewerbetreibenden und Freunden der Wappenkde. Beispiele für gute Wappenformen zu liefern; ein weiteres wichtiges Werk stellte 1904 der Sammelbd. „Städte-Wappen von Österreich-Ungarn“ (Reprint 2002) dar. Mit seinen Arbeiten avancierte S. zum supranationalen Staatsheraldiker, der weit über die Grenzen Mitteleuropas hinaus wirkte (u. a. „Russisch-Europäische Wappenrolle“, 1902, und „Japanisches Wappenbuch ‚Nihon Moncho‘“, 1906). Ab 1909 wandte sich S. vermehrt den geistl. Wappen zu: Beginnend mit den Wappen der Päpste und einem allg. Werk über die Heraldik der kath. Kirche, sammelte und publ. er die Wappen aller österr. Ordensstifte und die dt. Ordenswappen. Den künstler. Höhepunkt erlebte er bei der Mitwirkung an der Gestaltung der neuen österr. und ung. sowie gemeinsamen Staatswappen: Seine 1915 ausgeführten Entwürfe erhielten die k. Genehmigung. S.s kleines österr. Wappen besaß so hohe Qualität, daß E. A. Krahl (s. d.), der Heraldiker des neuen Staatswappens, davon inspiriert wurde. S. gilt als der bedeutendste Staats-, Gmd.- und Kirchenheraldiker der Monarchie, dessen herald. Schaffenskraft durch ihren Stil zeitlos geblieben ist und auch heute noch weiterwirkt.


Werke: Weitere W. (auch s. u. Wurzbach; Göbl): Die Wappenrolle der Päpste. Album Pontificale, 1909; Die Heraldik der kath. Kirche, 1910; Die neuen österr., ung. und gem. Wappen, 1916; etc. – Illustrationen zu M. Reymond, Das Buch vom gesunden und kranken Herrn Meyer, 1877; etc.
Literatur: Krackowizer; Thieme–Becker; Wer ist’s?, 1909; Wurzbach; Das geistige Dtld. am Ende des 19. Jh. 1, 1898; Biograph. Lex. der Heraldiker sowie der Sphragistiker, Vexillologen und Insignologen, 1992; M. Göbl, in: Japan. Wappenbuch Nihon Moncho, ed. W. Ettig, 2006, S. 341ff. (m. W.); ABK, TU, Univ. für angewandte Kunst, alle Wien.
Autor: (M. Göbl)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 62, 2010), S. 417f.
geboren in Wels
gestorben in Mödling

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