Stifft, Andreas d. J. Frh. von

Stifft Andreas Frh. von d. J., Schriftsteller, Journalist und Politiker. Geb. Wien, 10. 5. 1819; gest. ebd., 13. 12. 1877; röm.-kath.

Enkel von Andreas Joseph Frh. v. S., Sohn von Andreas Frh. v. S. d. Ä. (beide s. d.). – S. stud. ab 1835 an der Univ. Wien Jus (1842 Dr. jur.) und war dann Auskultant beim nö. Landrecht. 1848 verließ er den Staatsdienst und trat einerseits als Journalist (bei E. Schwarzer v. Heldenstamms, s. d., „Allgemeiner Österreichischen Zeitung“ sowie beim „Radikalen“) hervor, anderseits auch polit., u. a. als Mitgl. des Wr. Demokrat. Ver. und des Ersten Wr. Arbeiterver., und wurde zu einem der Wortführer der Revolutionsideen. Einen bleibenden Eindruck hinterließ sein Plädoyer in dem von FM Alfred Fürst zu Windisch-Grätz angestrengten Preßprozeß gegen den Hrsg. der „KatzenmusikS. Engländer (s. d.) im September 1848. Ende des Monats hatte S. in Wien auch persönl. Kontakt zu Karl Marx, der ihn sehr schätzte; eine Mitarb. an dessen „Neuer Rheinischer Zeitung“ ist aber nicht gesichert. Als Vizepräs. des Anfang Oktober gewählten revolutionären Wr. Gmd.rats zählte S. zu den gemäßigteren Akteuren im aussichtslosen Kampf gegen die Armee unter Windisch-Grätz. Obwohl S. danach auf der Liste der auszuliefernden Personen aufschien, wurde er, anders als etwa Messenhauser (s. d.), von der Reaktion geschont und wirkte i. d. F. als Mitarb. (v. a. Feuilletonist) des „Wanderer“ und anderer Wr. Ztg. S., der stets persönl. myst. Frömmigkeit (er stand ab 1841 in enger Beziehung zu der „Seherin“ Anna Maria Weiß) mit sehr radikalen, bereits sozialist. sowie slawenfreundl. polit. Ansichten verband, galt zuletzt als stadtbekannter Sonderling. Seine in wenig prominenten Verlagen erschienenen Dramen („Dramatische Schriften“, 3 Bde., 1861) und Romane (in verspäteter jungdt. Manier, sprachl. und strukturell holprig, z. Tl. mit polit. Thematik) waren erfolglos. Seine Reisefeuilletons („Von Nord und Süd. Kunst- und Reisebriefe“, 1863, „Culturstudien. Kunst- und Reisebriefe aus der Schweiz und Deutschland“, 2 Bde., 1865) enthalten zahlreiche Beurteilungen zeitgenöss. Maler; auffällig ist S.s Interesse am Protestantismus, speziell in einem sehr langen Calvin-Abschnitt der „Culturstudien“. Er unterhielt Beziehungen zu verschiedenen Literaten wie M. Hartmann, A. v. Meißner, August Silberstein (alle s. d.) und Berthold Auerbach. S.s Nachlaß (mit unveröff. Romanmss.) ist verschollen.


Werke: Weitere W.: Drei Bücher vom Geiste, 1863; Im Sturme des Lebens, 2 Bde., 1864; Modernes Leiden, 2 Bde., 1867; Renaissance und Romantik, 2 Bde., 1869; etc.
Literatur: ADB; Brümmer; Czeike; Kosch; Nagl–Zeidler–Castle 3–4, s. Reg.; Stern–Ehrlich; Wurzbach; F. Brügel, in: FS für C. Grünberg, 1932, S. 75ff.; G. Becker, in: Z. für Geschichtswiss. 22, 1974, bes. S. 430ff.; W. Häusler, in: Jb. des Inst. für Dt. Geschichte 15, 1986, S. 234ff. (m. L.).
Autor: (Ch. Mentschl – S. P. Scheichl)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 61, 2009), S. 256f.
geboren in Wien
gestorben in Wien
war Student Universität Wien 1835
promovierte Universität Wien 1842-1842
war Journalist Allgemeine Österreichische Zeitung 1848-1849
war Journalist Der Radikale (Wien) 1848-1848
war Mitglied Erster Allgemeiner Arbeiterverein (Wien, 1848) 1848-1848
war Mitglied Wiener Demokratischer Verein 1848
war in Kontakt mit Wiener Katzen-Musik. (Charivari.) Politisches Tagsblatt für Spott und Ernst mit Karrikaturen
war Mitglied Gemeinderat Wien 1848
war Journalist Der Wanderer

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