Stöger, Johann August

Stöger Johann August, Theaterdirektor und Sänger. Geb. Ravelsbach (NÖ), 20. 6. 1791; gest. München, Bayern (Dtld.), 7. 5. 1861.

Hieß eigentl. Althal(l)er. Sohn eines Maurermeisters, ab 1833 verehel. mit der Schauspielerin Johanna, geb. Wimmer, verwitwete Liebich (s. u.), Vater von Auguste S. (s. d.). – Nach Gymn.besuch und Gesangsausbildung in Wien wurde S. 1810 Mitgl. des Hofopern-Chors. 1815 kam er als Tenorist an das Brünner Stadttheater, 1816 an das Prager Ständetheater, wo er bis 1821 in über 30 Rollen auftrat (insbes. als Tamino in Mozarts „Zauberflöte“ und als Prinz in „Aschenbrödel“ von Nicolò Isouard). Nach dem Tod von Dir. J. C. Liebich (s. d.) 1816 war S. Berater von dessen Witwe Johanna, mit der er 1821 Prag verließ. Mit einer eigenen Ges. übernahm er 1823 das ständ. Theater in Graz. 1825–31 bespielte er auch das Theater in Preßburg, wo er 1828 eine Arena für 3.000 Zuschauer errichtete. 1832 pachtete er das Wr. Theater in der Josefstadt. Höhepunkte seiner Dion. waren die Wr. Erstauff. von Giacomo Meyerbeers „Robert der Teufel“ (1833), die Urauff. von Conradin Kreutzers „Das Nachtlager in Granada“ sowie Raimunds „Der Verschwender“ (beide 1834). Noch vor Ablauf seines Vertrags wechselte er 1834 nach Prag an das Ständetheater, das er bis 1846 leitete. 1842–44 führte S. auch sein privates Neues Theater in der Rosengasse. Sein Ziel, die Anzahl der tschech. Vorstellungen zu erhöhen, scheiterte jedoch mangels qualifizierter Kräfte und Repertoire. 1848–49 leitete S. neuerl. das Josefstädter Theater in Wien, 1852–58 pachtete er wiederum das Prager Ständetheater. Anschließend stiller Teilhaber seines Nachfolgers Franz Thomé bei der Errichtung des Neustädter-Theaters (1859), zog S. nach einem Konflikt in finanziellen Angelegenheiten 1860 zu seiner Tochter nach München. Der Schwerpunkt seiner Prager Dion.tätigkeit lag auf dem Musiktheater. Mit ausgez. Sängern, Ballett, großer Komparserie und Wr. Bühnenbildnern folgte er dem zeitgenöss. Trend aufwendiger Inszenierungen (insbes. Giacomo Meyerbeer, „Die Kreuzritter in Ägypten“, 1836, Richard Wagner, „Tannhäuser“, 1854, „Lohengrin“ und „Der fliegende Holländer“, 1856). Beim Schauspiel stützte sich S. auf die erfolgreichen Stücke der Wr. Vorstadtbühnen – u. a. gastierten Raimund und Nestroy (beide s. d.) in Prag –, bot aber auch Attraktionen wie sog. „Affenspiele“ mit Akrobaten, Seiltänzer, „elektrische Effekte“ etc. Als Theaterdir. ein großzügiger Unternehmer, stieß S. mit seinen Plänen jedoch an die ökonom. Grenzen eines Theaters ohne Subvention. Seine Frau Johanna S. (geb. Engers, Grafschaft Wied / Neuwied, Dtld., vermutl. um 1774; gest. Wien, 13. 3. 1849; röm.-kath.) erhielt ihre Ausbildung in Prag bei Liebich, den sie 1803 heiratete. Anfangs in jugendl.-sentimentalen Rollen beschäftigt, wechselte sie früh ins ältere Fach. Neben ihrer Schauspieltätigkeit unterstützte sie Liebich bei der Dion.führung. Nach dessen Tod heiratete sie S. und zog sich, als dieser das Theater übernahm, als Darstellerin zurück, unterstützte S. aber weiter bei der Dion.


Literatur: WZ, 14. 5. 1861; CHS; Eisenberg, Bühne (auch für Johanna S.); Kosch, Theaterlex. (auch für Johanna S.); Kutsch–Riemens (s. u. Auguste S.); Ludvová (m. B. u. L.); oeml; Suppan; Ulrich; Wurzbach; Dt. Bühnen-Almanach 26, 1862, S. 79ff.; O. Teuber, Geschichte des Prager Theaters 3, 1888, passim; A. Bauer, Das Theater in der Josefstadt, 1957, s. Reg.; K. Siedl, in: Maske und Kothurn 10, 1964, S. 104ff.; Das Grazer Schauspielhaus, 1964, S. 94ff.; M. Laiske, Pražská dramaturgie … 1–2, 1974, s. Reg.; J. Bužga, in: Oper heute 8, 1985, S. 7ff.; F. Hadamowsky, Wien. Theatergeschichte, Stud.ausg. 1994, s. Reg.; M. Cesnaková-Michalcová, Geschichte des dt.sprachigen Theaters in der Slowakei, 1997, s. Reg.; D. Th. Hemrich, Das Theater in der Josefstadt unter der Leitung des Dir. J. A. S. …, DA Wien, 2004; Národní archiv, Praha, Tschechien; Pfarramt Ravelsbach, NÖ. – Johanna S.: Kosch, Theaterlex.; Mitt. Hubert Reitterer, Wien.
Autor: (J. Ludvová)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 61, 2009), S. 288f.
geboren in Ravelsbach
gestorben in München

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