Sonnleithner, Joseph Ferdinand

Sonnleithner Joseph Ferdinand, Beamter und Schriftsteller. Geb. Wien, 3. 3. 1766; gest. ebd., 25. (26.) 12. 1835; röm.-kath.

– Bruder von Ignaz, Onkel von Leopold v. S. und Grillparzer, Großonkel von Maximilian Frh. v. S. (alle s. d.). Nach Tätigkeit als Verleger und Drucker trat S. ins Kreisamt Traiskirchen zunächst als Konzepts-Praktikant ein und rückte 1785 zum Kreis-Koär. auf. 1787 wurde er ins Kabinett von K. Joseph II. übernommen und erlangte die Stelle eines Hof-Konzipisten. Sein Interesse für das Theater bekundete er früh mit der Hrsg. eines „Wiener Theateralmanachs“ (1794– 96). 1799–1800 unternahm er Reisen in Dtld., Dänemark und Schweden. Nach Wien zurückgekehrt, wurde S. 1802 Partner des neuen Musikverlags Kunst- und Ind.- Comptoir. Nach kurzem Engagement als künstler. Dir. des Theaters a. d. Wien 1804 war er 1804–14 Hoftheatersekr. Zu dieser Zeit verf. bzw. übers. er (aus dem Französ.)Lustspiele und Opernlibretti, darunter das nach Jean Nicolas Bouilly bearb. Textbuch für die 1805 uraufgef. Oper „Fidelio“ von Beethoven (s. d.). 1810 wurde er Sekr. des von Maria Karoline Fürstin zu Schwarzenberg (s. d.) gegr. Wohltätigkeitsver. Ges. adeliger Frauen zur Beförderung des Guten und Nützlichen, dessen Organisationsstatut er entwarf. 1812 war S. entscheidend an der Gründung der Ges. der Musikfreunde in Wien beteiligt. Bis zu seinem Tod gehörte er deren leitendem Ausschuß an und wirkte als ihr Sekr. Ebenfalls maßgebl. unterstützte er die Einrichtung von deren Konservatorium für Musik 1817. 1815 begann er mit der Hrsg. des Almanachs „Aglaja“, dessen Red. 1818 Schreyvogel (s. d.) übernahm. 1815 war S. Hofagent bei den vereinigten Hofkanzleien, 1816 wurde er zum Reg.Rat ernannt und war dann bei der Hofkammer im Münz- und Bergwesen, schließl. beim Hofkriegsrat tätig. 1819 initiierte und koordinierte S. eine Sammelaktion von Volksliedern, die in der gesamten Monarchie durchgeführt wurde. Das Material wurde in das Archiv der Ges. der Musikfreunde in Wien eingegliedert (S.-Sammlung).


Werke: W. (auch s. u. Seemann): Philosoph. Untersuchung der Vergnügungen, 1798; Die vier letzten Dinge. Ein Oratorium, 1810 (vertont von J. v. Eybler); Mundart der Oesterreicher oder Kern ächt österr. Phrasen und Redensarten. Von A bis Z, 1811, 2. Aufl. 1824; Die Weihe der Zukunft, 1814 (vertont von J. Weigl). – Dramen (tw. Übers.): Die kurze Ehe, 1805; Claudine, 1806; Liebe und Geheimniß, oder welcher ist mein Vetter?, 1807; Die Pagen des Hg. von Vendôme, 1808; Dir wie mir, 1812; etc. – Libretti (tw. Übers.): Faniska, 1806 (vertont von L. Cherubini); Agnes Sorel, 1807 (vertont von A. Gyrowetz); K. Hadrian, 1807 (vertont von J. Weigl); Emerike oder die Zurechtweisung, 1808 (vertont von dems.); etc. – Ed.: Ph. Hafners gesammelte Schriften, 3 Bde., 1812; Taschenbuch für dt. Schaubühnen und Liebhabertheater, 1815; etc.
Literatur: ADB; Alth, Burgtheater, s. Reg.bd., S. 31; Czeike; Goedeke, s. Reg.bd.; Grove, 2001; Kosch; MGG; Renner, Nachlässe; Wurzbach; P. F. Walther, in: Österr. Z. für Geschichts- und Staatskde. 2, 1836, S. 109ff.; R. v. Perger, Geschichte der k. k. Ges. der Musikfreunde in Wien, Abt. 1, 1912, bes. S. 5ff., 282; Th. Frimmel, in: Beethoven-Forschung – Lose Bll., 1913, H. 7, S. 116ff.; A. Sandberger, in: ders., Ausgewählte Aufsätze zur Musikgeschichte 2, 1924, S. 141ff.; R. Zoder, in: Das Dt. Volkslied 31, 1929, S. 49ff.; Jb. der Grillparzer-Ges. 33, 1934, S. 145f.; A. Bauer, Opern und Operetten in Wien (= Wr. musikwiss. Beitrr. 2), 1955, s. Reg.; W. Deutsch – G. Hofer, Die Volksmusiksmlg. der Ges. der Musikfreunde in Wien (S.-Smlg.) (= Schriften zur Volksmusik 2), 1969; L. Schmidt, in: Jb. des Österr. Volksliedwerkes 18, 1969, S. 1ff.; P. Clive, Schubert and his World. A Biographical Dictionary, 1997; O. Seemann, Bibliographia Sonnleithneriana (= Wr. Geschichtsbll. 53, Beih. 4), 1998; G. Haid – Th. Hochradner, Lieder und Tänze um 1800 aus der S.-Smlg. der Ges. der Musikfreunde in Wien (= Corpus musicae popularis Austriacae 12), 2000; Archiv der Ges. der Musikfreunde in Wien, Wien.
Autor: (A. Brandtner)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 58, 2005), S. 426
geboren in Wien
gestorben in Wien

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