Silberer, Rosa

Silberer Rosa (Miriam Rose), Bildhauerin, Journalistin und Schriftstellerin. Geb. Wien, 4. 1. 1873; gest. KZ Theresienstadt, Protektorat Böhmen und Mähren (Terezín, Tschechien), 23. 9. 1942

(ermordet); bis 1915 mos. – Schwester von Geza S. (s. d.). S. erhielt ihre künstler. Ausbildung bei Rudolf Weyr, dann bei Julius Tandler, der im Rahmen des Ver. Athenäum bzw. an der Kunstschule für Frauen und Mädchen anatom. Kurse unter bes. Berücksichtigung der bildenden Kunst abhielt. Ab spätestens 1902 war S. mit bildhauer. Arbeiten in Wr. Ausst., so u. a. im Hagenbund, wo bes. ihre Skulptur „Die Nacht“, ein Frauenkopf, dem „Rodinsche Kraft“ nachgesagt wurde, Beachtung fand, oder in der Ausst. „8 Künstlerinnen“ (Salon Pisko, 1904) vertreten. Etwa zwischen 1905 und 1914 hielt sie sich in Paris auf, wo sie auch ausstellte. Mehrere Italienreisen führten sie nach Sizilien, Florenz und für einen längeren Zeitraum nach Rom; hier nahm sie u. a. mit der Skulptur „An die Materie gefesselt“ an der Internationalen Kunstausst. der Secession (1914) teil. Während ihre Skulpturen symbol., mytholog. und religiösen Inhalts in Stein, Marmor und Bronze durch expressiven Naturalismus gekennzeichnet sind, strahlen ihre Porträts eine klass. Ruhe aus. Nach dem 1. Weltkrieg konnte S. an ihre Erfolge in Wien und Paris nicht mehr anschließen und war daher v. a. aus wirtschaftl. Gründen genötigt, sich verstärkt der Schriftstellerei zuzuwenden. Hauptsächl. in Wien lebend, wirkte sie in den 1920er und 30er Jahren als Feuilletonistin und Literaturkritikerin der „Neuen Freien Presse“ und behandelte in dieser sowie in anderen Ztg. u. a. Frauenfragen, etwa zur Stellung der Frau in der Kunst. Die literar. Tätigkeit S.s umfaßt Lyrik und Prosa: Ged. in freien Rhythmen, dann gereimt, pathet., auch sentimental, z. Tl. mit ausufernder Metaphorik. 1919 veröff. sie die einaktige Operndichtung „Der türkisblaue Garten“ (Musik Aladar Szendrei), 1920 die in Brief- und Tagebuchform verf. Hommage an Rom „An einen Pagen“ sowie den Essaybd. „Stimmen in der Wüste“, in dem sie sich mit den Theorien ihres Idols J. Popper (s. d.) auseinandersetzte. In „Verschleierte Frauenantlitze“ (1924), wie auch schon in „Stimmen in der Wüste“, spiegelte S. die Stimmung angesichts der Brutalität und zerstörer. Kraft des 1. Weltkriegs. Dieser zerrütteten realen Welt stellte sie eine Welt der Kunst mit tröstender und veredelnder Wirkung auf den Menschen gegenüber. Trotz einer gewissen Weltferne und der Flucht in ein Reich der Kunst und Schönheit, setzte sich S. – zumindest theoret. – in „Stimmen in der Wüste“ für die Bekämpfung der Armut ein.


Werke: Die Nacht, 1902; Sonnenaufgang, 1904 ausgest.; Kreuzigung, Beweinung, beide 1905; Der Rufer, Der Wellenschaum (Bronze), beide vor 1908; In dolore voluptas, 1908; Jo und Jupiter; Klagen (Döblinger Friedhof, Wien); etc. – Publ.: An einen Pagen, 1920 (m. B.); Österreich. Charakterstud. eines Landes, 1929 (auch französ.); etc.
Literatur: NFP, 18. 2. 1907; Bolbecher–Kaiser (m. W.); Hall–Renner; Hdb. jüd. AutorInnen; Jb. der Wr. Ges.; Kosch (m. W.); Vollmer; Neues Frauenleben 15, 1903, S. 15; The Studio 28, 1903, S. 213, 40, 1907, S. 74, 48, 1910, S. 244; F. Servaes, Grüße aus Wien, 1948, S. 180ff.; S.Plakolm-Forsthuber, Künstlerinnen in Österr. 1897–1938, 1994, s. Reg.; BiografiA – Datenbank und Lex. österr. Frauen, ABK, IKG, Tagbl.Archiv, WStLA, alle Wien; Mitt. Eckart Früh, Wien.
Autor: (S. Plakolm-Forsthuber – I. Schwentner)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 57, 2004), S. 262
geboren in Wien
gestorben in Terezín

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