Singer, Franz Ignaz von

Singer Franz Ignaz von, Journalist. Geb. Raab (Gyor, Ungarn), 2. 9. 1828; gest. Wien, 5. 3. 1886; mos., zuletzt röm.-kath. – S. kam 1847 als Goldschmiedgehilfe nach Wien und ging i. d. F. auf Wanderschaft durch Nord- und Süddtld.

Nach der Märzrevolution 1848 kehrte er nach Wien zurück, wandte sich dem Ztg.gewerbe zu und sammelte, zunächst als Verkäufer von Flugbll. und Broschüren, Erfahrungen in der Ztg.- kolportage. Noch während der Revolution übernahm er den Vertrieb mehrerer Bll., wie „Der Freimüthige“ oder „Die Geißel“, danach u. a. der „Friedenszeitung“ (1850), wobei er als erster von der Straßenkolportage auf die Errichtung eigener Verschleißlokale setzte, aber auch den Ztg.verkauf über Tabaktrafiken organisierte und so zu einem Pionier auf dem Gebiet des Ztg.vertriebs wurde. 1851–72 leitete er – mit Unterbrechung 1858–59 – den Vertrieb der „Morgen-Post“, die dank seiner Anstrengungen und seiner genauen Einschätzung der Leser damals die höchste Aufl. unter den Wr. Bll. erreichte. An verschiedenen journalist. Unternehmungen beteiligt, gründete S. gem. mit O. F. Berg (s. O. F. Ebersberg) 1861 den „Kikeriki“, der sich bald zur populärsten satir. Z. Wiens entwickelte, und 1872 das „Illustrirte Wiener Extrablatt“. Diese erste illustrierte Tagesztg. Wiens wies eine ausgeprägte lokale Ber.erstattung auf und war jahrelang nicht nur die auflagenstärkste, sondern aufgrund ihres umfangreichen Inseratenteils auch eine überaus gewinnbringende Ztg. S. fungierte auch als Hrsg. des Bl., zog sich jedoch 1883 zurück und verkaufte seine Anteile. Bereits in den 1850er Jahren hatte er mit der „Fünf-Kreuzer-Bibliothek“ eine moderne, überaus populäre Reihe für Unterhaltungsliteratur geschaffen, deren hohe Aufl. ihm zunehmenden Wohlstand bescherten. Ab Mitte der 50er Jahre vermehrt auch für karitative Zwecke engagiert, wurde S. ab 1854 wiederholt in verschiedene polit. Funktionen berufen; dem Wr. Gmd.rat gehörte er 1870–85 an. In Anerkennung seiner humanitären Verdienste wurde er u. a. 1879 nob.


Literatur: FB, Illustrirtes Wr. Extrabl. (m. B.), 6. 3. 1886; Hdb.jüd. AutorInnen; M. Zsidó. Lex.; Nagl–Zeidler–Castle 3, S. 884f.; Stern–Ehrlich, S. 180; Wurzbach; O. F. Berg, in: Funken und Splitter 9, 1880, S. 5ff.; K.-H. Kossdorf, Die Wr. Lokalpresse im 19. Jh. ..., phil. Diss. Wien, 1969, S. 45ff., 266f.; B. Fiala, Der Wr. Gmd.rat ... 1879–83, phil. Diss. Wien, 1974, S. 296; E. Hausner, Die Tätigkeit des Wr. Gmd.rates ... 1884–88, phil. Diss. Wien, 1974, S. 318; AVA, Wien.
Autor: (Th. Venus)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 57, 2004), S. 294f.
geboren in Raab
gestorben in Wien

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