Siegel, Franz

Siegel Franz, Politiker. Geb. Perchtoldsdorf (NÖ), 15. 6. 1876; gest. Wien, 30. 10. 1927; konfessionslos.

Sohn eines Hausmeisters. S., der in ärml. Verhältnissen aufwuchs, war nach Abschluß einer Maurerlehre zunächst als Krankenkassenbeamter tätig, wandte sich in der Folge aber gewerkschaftl. Aufgaben zu. 1905 Vors. des Verbandstags der Bauarbeiter, danach Verbandsobmann (bis 1909) und Sekr., gelang es ihm, die Bauarbeiter in der Gewerkschaft Bau und Holz zu einer der bestorganisierten Berufsgruppen Österr. zu formieren. Gem.mit Anton Hueber und Theodor Meißner stand S. an der Spitze des Lohnkampfes 1906, bei dem die Anerkennung der Gewerkschaft, die Zulassung von Baustellen-Vertrauensmännern und eine Lohnerhöhung erzielt werden konnten; 1908 wechselte er ins Gewerbeinspektorat (Abt. für das Baugewerbe). 1918–27 sozialdemokrat. Gmd.rat für den 16. Wr. Gmd.bez.; 1918– 20 Mitgl. des Wr. Stadtrats, hatte er 1920– 27 im neugeschaffenen Stadtsenat die Funktion eines amtsführenden Stadtrats für das Ressort Techn. Angelegenheiten inne, in welcher er im Zuge des 1923 beschlossenen ersten kommunalen Wohnbauprogramms wesentl. Anteil an der Umsetzung der kommunalen Bauvorhaben des „Roten Wien“ hatte. Ebenso reformierte er die Müllabfuhr, indem er die Aufstellung von „Coloniakübeln“ und deren Abtransport mit Sammelwagen initiierte, und zeichnete für den Bau neuer Bäder verantwortl. Seine letzten Lebenswochen waren durch Korruptionsvorwürfe von Journalisten der Ztg. „Freiheit!“ überschattet.


Literatur: AZ, 31. 10., 1. 11., Freiheit!, NFP (Abendausg.), 31. 10., WZ, 1., 3., 4. 11. 1927; Czeike; F. Patzer, Der Wr. Gmd.rat 1918–34 (= Wr. Schriften 15), 1961, s. Reg.; O. Knauer, in: Hdb. der Stadt Wien 77, 1962, S. 241; 100 Jahre Geschichte der Bau- und Holzarbeiter Österr., 1967, s. Reg. (mit Bild); H. und R. Hautmann, Die Gmd.bauten des Roten Wien 1919–34, 1980, S. 202; Ver. für Geschichte der Arbeiterbewegung, Wien; Mitt. Gregor Gatscher-Riedl, Perchtoldsdorf, NÖ.
Autor: (Ch. Gruber)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 56, 2002), S. 235f.
geboren in Perchtoldsdorf
gestorben in Wien

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