Sennyey de Kis-Sennye, Paul Baron von

Sennyey de Kis-Sennye Paul (Pál) Baron von, Politiker. Geb. Ofen/Buda, Ungarn (Budapest), 24. 4. 1824; gest. Budapest, 3. 1. 1888.

Sohn eines Kämmerers. S. stud. an der Rechtsakad. Kaschau (Košice), übernahm nach dem Tode seines Vaters 1840 die Verwaltung des Familienvermögens und trat 1841 als Honorar-Vizenotar in die Kom.verwaltung Zemplin/Zemplén ein. 1844 wurde er zum Sekr. des ung. Statthalterei-Rates ernannt, 1846 zum Präsidialsekr. der ung. Hofkanzlei. Beim Reichstag von 1847/48 vertrat S. das Kom. Zemplin als konservativer, dem Hofe nahestehender Abg. Oktober 1848 zog er sich aus der Politik zurück, gehörte aber in der Zeit danach zu jenen Konservativen, die in Denkschriften an K. Franz Joseph (s. d.) die ständ. Verfassung von 1848 wieder herzustellen versuchten. Er nahm als Vizepräs.des ung. Statthalterei-Rates an den Verhh.teil, welche zum Oktoberdiplom von 1860 führten, zog sich aber nach dem Februarpatent 1861 aus Mißtrauen gegen Ministerpräs. A. v. Schmerling (s. d.) wieder ins Privatleben zurück. 1863 war S. mit György Gf. Apponyi (s. Apponyi Georg Gf.), György Gf. Mailáth (s. Mailáth v. Székhely) und Josef Urményi an der Abfassung des auf Verlangen des K. ausgearbeiteten „Apponyi Memorandums“ betreffend die Möglichkeit einer Lösung der ung. Verfassungskrise beteiligt, in welchem zum ersten Mal im Hinblick auf die Behandlungsweise der gem. Angelegenheiten die Idee des „Paritätischen Dualismus“ ausgesprochen wurde. Nach Schmerlings Sturz Juli 1865 wurde S. als Nachfolger Mailáths zum sog. Tavernicus ernannt, als welcher er das Amt des Präs. des ung. Statthalterei-Rates bekleidete und damit die gesamte polit. Administration leitete. Mit Apponyi und Mailáth Führer der magyar. Altkonservativen, inspirierte er mit diesen den Inhalt der Thronrede Franz Josephs anläßl. der Eröffnung des ung. Reichstags (Dezember 1865), die eine Aussöhnung mit der magyar. Staatsnation bewirken sollte und so letztl. zum Ausgleich von 1867 führte. Da S. diesen jedoch ablehnte, legte er sein Amt noch 1867 zurück. Er war 1872–81 Abg. der Konservativen Partei des ung. Parlaments, in welchem er (1872) mit dem berühmt gewordenen Ausspruch von den „asiatischen Zuständen“ der ung. Verwaltung ein Grundproblem ansprach, das er gem. mit anderen (B. v. Grünwald, s. d., später Julius Szápary und Albin Gf. Csáki) durch die Verstaatlichung des Verwaltungssystems auf administrativem Wege lösen wollte. 1865–67, dann wieder ab 1884 fungierte S. als Präs. des Magnatenhauses (als solcher führte er dessen Reorganisation durch), 1884 (wieder als Nachfolger Mailáths) wurde er zum Landesrichter (Judex curiae regiae) ernannt.


Literatur: Pester Lloyd, 4. – 6. 1. 1888; Vasárnapi Újság, 1888, Nr. 2; Biograph. Lex. Südosteuropas; Pallas; Révai; Wurzbach; A. Kákay, Licht- und Schattenbilder zur Charakteristik des ung. Landtags, 1867, S. 107ff.; Néhány szó b. S. P. politikai mukodésérol, 1875; Báró S. P. és gróf Apponyi A., 1884; A. Radvánszky, in: Der österr.- ung. Ausgleich von 1867. Vorgeschichte und Wirkungen, ed. P. Berger, 1967, S. 96, 99; G. Barany, in: Die Habsburgermonarchie 1848–1918, 2, ed. A. Wandruszka – P. Urbanitsch, 1975, S. 306, 446; L. Gogolák, ebd. 3/2, 1980, S. 1267; Die Habsburgermonarchie 1848–1918, 8, ed. H. Rumpler – P. Urbanitsch, 2000, s. Reg.; Mitt. Csaba Szabó, Budapest, Ungarn.
Autor: (H. Reitterer)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 56, 2002), S. 179f.
geboren in Budapest
gestorben in Budapest

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