Schweighofer, Felix

Schweighofer Felix, Künstlername Felix Dammer, Schauspieler. Geb. Brünn, Mähren (Brno, Tschechien), 20. 11. 1842; gest. Blasewitz, Sachsen (Dresden, Dtld.), 28. 1. 1912.

Sohn eines Handelsangestellten, Bruder von Gustav S. (s. u.). S. erlernte den Spezereiwarenhandel bei seinem Onkel in Raggendorf (NÖ), praktizierte dann in einer Buchhandlung in Wien, war Aspirant bei der Generaldion. der Staatsbahn-Ges., folgte schließl. aber seiner Neigung zum Schauspielerberuf und debüt. 1862 in Krems. Es schloß sich ein Dasein als Wanderkomödiant an, in dessen Verlauf S. u. a. 1865/66 in Czernowitz (Cernivci), 1866/67 als jugendl. Komiker in Bukarest spielte. Dort lernte er seine spätere erste Frau Rosa, geb. Schaffer (1871 Heirat in Brünn; gest. Dresden, 1896) kennen. Im Herbst 1867 als Schauspieler, Mimiker und Tänzer in Innsbruck (im Ensemble des Tiermimikers Klischnigg, s. d.), spielte S. 1867/68 in Ödenburg (Sopron) kom. Charakterrollen, wobei er über Anweisung seines Dir. die damals aktuellen Wr. Komiker zu imitieren hatte. Ein von ihm 1869 in Odessa (Odesa) gegründetes Operettenensemble löste sich bald auf. 1869/70 in Salzburg bzw. Ischl (Bad Ischl), kam S. 1870 ans Grazer Stadttheater. Hier spielte er mit großem Erfolg in allen theatral. Genres, schrieb Berliner Lokalstücke in die lokale Mundart um und verf. Couplets. In Graz lernte er auch seine spätere zweite Frau (Heirat 1903 in Dresden), die Operettensängerin Fritzi Blum, geb. Friederike Albrecht (geb. Troppau, Schlesien /Opava, Tschechien, 17. 3. 1851) kennen, die vorher in Krakau (Kraków) engag. gewesen war. Von Franz v. Suppée wurde S. an das neugegründete Wr. Theater von Friedrich Strampfer empfohlen, an dem er 1871 mit glänzendem Erfolg als Schullehrer in Jacques Offenbachs „Dorothéa“ debüt. Gastspiele absolv. er u. a. 1872 in Brünn und Berlin. Sein Engagement am Wr. Theater an der Wien 1873–84 bildete den Höhe- und Schlußpunkt von S.s Wirken als an einer Bühne festverpflichtetem Schauspieler. Hier wurde er – seit 1874 gem. und unter steigender Konkurrenz mit dem jüngeren Girardi (s. d.) – zu einem jener Protagonisten, die die sog. „goldene Zeit“ der Wr. Operette prägten. Ein „Meister der Kleinbildnerei“, der seine Rollen minutiös ausarbeitete und alle darsteller. Möglichkeiten immer wieder neu nuancierte, brillierte S. v. a. in Soloszenen und z. Tl. selbstverfaßten Couplets. Hervorgehoben wird auch seine Beherrschung aller bes. für die Operette erforderl. nationalen Dialekte. Er kreierte u. a. 1880 den Gf. Villalobos in Johann Strauß’ „Das Spitzentuch der Königin“, im selben Jahr den Fürsten Prutschesko in Millöckers (s. d.) „Apajaune, der Wassermann“, 1881 den Balthasar Groot in Strauß’ „Der lustige Krieg“, 1882 den Ollendorf in Millöckers „Der Bettelstudent“ und 1883 den Pappacoda in der Wr. Erstauff. von Strauß’ „Eine Nacht in Venedig“. Von Girardi in der Gunst von Publikum und Presse immer mehr verdunkelt, verließ S. 1884 das Theater an der Wien, spielte noch zwei Saisonen am Wr. Carltheater und ließ sich schließl. in Dresden nieder, von wo aus er eine künstler. und finanziell überaus erfolgreiche Gastspielkarriere begann, in deren Verlauf er in ganz Europa, in Rußland und 1899 in New York (Irving-Place-Theatre unter Conried, s. Cohn) auftrat. In diesen letzten Jahren seiner Bühnenlaufbahn, die er 1904 in Dresden beendete (ein Gastspiel in Wien 1909 mußte er wegen Erfolglosigkeit abbrechen), gelang S. der Übergang zum ernsten Charakterdarsteller im Volksstück. Hatte er schon 1885 am Carltheater als Null-Anerl in Morrés (s. d.) Volksstück „s’Nullerl“ große Wirkung erzielt, so zählten nun der Steinklopferhanns in Anzengrubers (s. d.) „Die Kreuzelschreiber“ oder der Wurzelsepp in dessen „Der Pfarrer von Kirchfeld“ zu den Glanzstücken seines Repertoires. Nach seinen eigenen Aufzeichnungen war S. im Laufe seiner Karriere in 84 Städten aufgetreten. – Sein älterer Bruder Gustav S. (geb. Brünn, Mähren / Brno, Tschechien, 31. 1. 1839; gest. Graz, 15. 7. 1920) war zunächst im Bankfach tätig, debüt. 1865 als Opernsänger in Graz, war dann Operettensänger am Münchner Gärtnerplatz-Theater und in der Folge als Komiker und Regisseur an österr. und dt. Provinzbühnen in fast jährl. Wechsel beschäftigt. Ab 1892 lebte er in Graz, von wo aus er jährl. Gastspiele – u. a. in Dtld., in Preßburg, Bukarest und Laibach – absolv.


Werke: Mein Wanderleben, (1912).
Literatur: Voss. Ztg., N. Fr. Pr., RP, Tagesbote aus Mähren und Schlesien, 29., NWT, 29., 30., 31., Mähr.-schles. Korrespondent, 29., 30. 1., 3. 2. 1912 (mit Bildern); Czeike; Eisenberg, Bühnenlex. (auch für Gustav S.); Kat. der Portrait-Smlg., S. 612; Kosch, Theaterlex. (auch für Gustav S.); Kutsch–Riemens, 3. Aufl. 1997; Nagl–Zeidler–Castle 3–4, s. Reg.; Ulrich (auch für Gustav S.); H. Heller, Mährens Männer der Gegenwart 5, 1892; Der Humorist 22, 1902, Nr. 36 (mit Bild); Neuer Theater-Almanach 24, 1913, S. 158f. (mit Bild); O. Keller, Die Operette in ihrer geschichtl. Entwicklung, 1926, s. Reg. (mit Bild); R. Holzer, Die Wr. Vorstadtbühnen, 1951, S. 438ff.; A. Bauer, 150 Jahre Theater an der Wien, (1952), passim (mit Rollenbild); J. Got, Das österr. Theater in Krakau im 18. und 19. Jh. (= Theatergeschichte Österr. 10/3), 1984, s. Reg. (für Fritzi Blum, mit Bild); Biograph. Lex. zur Geschichte der böhm. Länder 3, hrsg. von F. Seibt u. a., 1999; B. Glossy – G. Berger, J. Gallmeyer, o. J., s. Reg.; Archiv mesta Brna, Brno, Tschechien (auch für Gustav S.); Mitt. Eva Drliková, Brno, Tschechien (auch für Gustav S.). – Gustav S. (s. auch L. zu Felix S.): Almanach der Genossenschaft Dt. Bühnen-Angehöriger 14ff., 1886ff.; Neuer Theateralmanach ... 1ff., 1890ff.; Stadtarchiv Graz, Graz, Stmk.
Autor: (H. Reitterer)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 55, 2001), S. 41f.
geboren in Brünn
gestorben in Dresden

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