Schumacher, Andreas

Schumacher Andreas, Schriftsteller, Journalist und Übersetzer. Geb. Wien, 27. 1. 1803; gest. ebenda, 2. 3. 1868.

Sohn eines wenig begüterten akadem. Malers, Vormund Ludwig Anzengrubers (s. d.). S. besuchte ab 1814 das Schottengymn. in Wien und betrieb dann – da ihm aus finanziellen Gründen der Zugang zur Univ. verwehrt war – als Autodidakt hist. und linguist. Stud. (er beherrschte neben Engl. und Französ. auch Span., Portugies. und Italien.). 1827 trat er in den Freundeskreis um Bauernfeld (s. d.), den er bei dessen Shakespeare-Übers. unterstützte (S.s Nachdichtungen von „Venus und Adonis“ und den Sonetten wurden hoch geschätzt). S. arbeitete auch an der Wr. Calderon-Ausg. mit; 1834 erlangte er mit der Novelle „Der ewige Dom“, eine unter dem Einfluß von K. M. Hofbauer (s. d.) und Zacharias Werner, aber auch E. T. A. Hoffmann stehende romant.-sentimentale Rittergeschichte, einen vom Ver. zur Verbreitung guter kath. Bücher gestifteten Preis. S., als freier Literat in bescheidenen Verhältnissen lebend, war 1836–38 als Praktikant im Hofkammerarchiv beschäftigt, 1838 fand er eine Stelle als Schreiber bei der Donau-Dampfschiffahrts-Ges., die er aber bald wieder aufgab, um sich völlig seinen zahlreichen literar. und publizist. Unternehmungen zu widmen: So war er neben dramat. (z. Tl. nach ausländ. Vorlagen) und novellist. Veröff. Mitarbeiter vieler vormärzl. Ztg. und Z., Journale und Taschenbücher (u. a. verf. er Kulturkritiken, Rezensionen und Prosatexte für das „Oesterreichische Morgenblatt“ und die „Sonntags-Blätter“) und Hrsg. von Almanachen („Oesterreichischer Musen-Almanach“ von 1840, „Oesterreichischer Novellen-Almanach“, 1843–44), für die er tw. prominente Mitarbeiter gewinnen konnte. Mit dem „politisch-literarisches Tagsblatt“ „Die Gegenwart“, 1845–48, einem schöngeistigen Bl., in dem aber auch Wr. Mißstände aufgezeigt wurden, erzielte S. jedoch – nicht zuletzt aufgrund von Zensurschwierigkeiten – keinen durchschlagenden Erfolg. Für seine Beteiligung an der Revolution von 1848 (u. a. durch Flugschriften sowie Einberufung von Handwerkerversmlgg.) wurde er 1849 zu zehnjähriger Festungshaft in Kufstein verurteilt. 1851 begnadigt, kehrte er nach Wien zurück, wo er, von seinen Haftjahren merkl. geprägt, seinen Lebensunterhalt notdürftig mit aufreibenden Übers.Arbeiten (Romane aus dem Engl., Französ.), Gelegenheitsschriften (etwa „Der Führer über den Semmering“, 2. Aufl. 1853) und eigenen belletrist. Veröff. bestritt. Letztere, Romane mit meist hist. Hintergrund, wie „Ein Wiener Kaufherr“, 4 Tle., 1851, „Wolfgang Schmelzel“, 1867, usw., setzen die Tradition des Wr. Lokalromans nach A. Bäuerle und A. Langer (beide s. d.) fort und stehen unter dem Zeichen von S.s Zuwendung zum Liberalismus. 1854 Red.Mitgl. des Statistikbl. „Austria“, erhielt S. um 1865 eine Anstellung als Kanzlist im Finanzmin., die ihm kurz vor seinem Tod eine einigermaßen gesicherte Existenz ermöglichte.


Werke: s. u. bei Goedeke, Kosch, 3. Aufl., und Estermann.
Literatur: K. Glossy, in: N. Fr. Pr., 4. 1. 1903; RP, 14. 11. 1926; ADB; Brümmer; Giebisch–Gugitz; Goedeke 12, S. 212ff., 17, Halbbd. 2, S. 1410ff.; Kosch, 3. Aufl.; Nagl–Zeidler–Castle 2–4, s. Reg.; Wurzbach; (J. A.) Frh. v. Helfert, Die Wr. Journalistik im Jahre 1848, 1877, s. Reg.; Briefe von L. Anzengruber, hrsg. von A. Bettelheim, 1–2, 1902, s. Reg.; J. Stern – S. Ehrlich, Journalisten- und Schriftsteller-Ver. „Concordia“. 1859–1909, 1909, S. 179; L. Schneider, A. S. Ein Schriftsteller aus dem Wr. Vormärz, phil. Diss. Wien, 1913; Grillparzers Werke, hrsg. von A. Sauer, 3/6, 1915, S. 171, 189, 384; A. Bettelheim, Neue Gänge mit L. Anzengruber, 1919, s. Reg.; H. H. Hahnl, Vergessene Literaten, (1984), S. 43ff.; A. Estermann, Die dt. Literatur-Z. 1815–50, 2. Aufl., Bd. 10, 1991, s. Reg.; UA, WStLA, beide Wien.
Autor: (S. Leskowa)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 54, 1999), S. 358f.
geboren in Wien
gestorben in Wien

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