Schreiber, Simon

Schreiber (Sofer) Simon, Rabbiner und Politiker. Geb. Preßburg/Pozsony, Oberungarn (Bratislava, Slowakei), 1820 (1821?); gest. Krakau, Galizien (Kraków, Polen), 25. 3. 1883.

Sohn von Moses, Bruder von Abraham Samuel Benjamin Wolf, Onkel von Bernhard S. (alle s. d.); mos. S. wurde an der Talmudschule (Jeschiwa) seines Vaters ausgebildet und wirkte danach ab 1842 als Rabb. in Mattersdorf (Mattersburg), wo er bes. Augenmerk auf die Vergrößerung der dortigen Jeschiwa legte, danach ab 1857 als Rabb. von Pápa, ehe ihn 1860 die Berufung zum Oberrabbiner von Krakau erreichte. Als Führer des orthodoxen Judentums in Galizien wandte er sich kompromißlos gegen alle Reformbestrebungen der Aufklärer. Um ein einheitl. Vorgehen in seinem Sinne zu erreichen, berief er 1878/79 eine Rabb.Versmlg. nach Lemberg (L’viv) ein, bei der die Gründung des Ver. Mahziqê ha-dass (Festigung der Religion), der sich u. a. die Einflußnahme des orthodoxen Judentums auf die Politik sowie die Entsendung orthodoxer Persönlichkeiten in den Reichsrat zum Ziel setzte, beschlossen wurde. Mit Unterstützung dieses Ver. wurde S. als Landesrabb. 1879 im Wahlkreis Buczacz-Kolomea in den Reichsrat gewählt, wo er, der prinzipiell für die Anlehnung der orthodoxen Juden an die Polen eintrat, sich dem Polenklub anschloß. Im Abg.Haus trat S. jedoch kaum in Erscheinung und mußte schon 1881 krankheitshalber aus dem Gewerbeauschuß ausscheiden. Zur Stärkung der konservativen Kräfte nahm er auch Verbindung mit chassid. Rabb. auf. 1881 war S. Teilnehmer an einer vom Kultusmin. einberufenen vertraul. Enquete österr. Juden zur Vorberatung eines die Rechtsverhältnisse der jüd. Konfession regelnden Gesetzes. Sein letzter bedeutender Erfolg war die große Rabb.-Konferenz in Lemberg (1882), bei der alle Gmd. verpflichtet wurden, von ihren Mitgl. ausnahmslos die Befolgung des Ritualkodex Šulhan arukh zu verlangen.


Werke: Mikhtabh Sofer, 2 Bde., 1952–55 (Responsen und Predigten); usw. Hrsg: Mahziqê ha-dass (Festigung der Religion), 1880ff.; usw.
Literatur: Enc. Jud. (s. u. Sofer); Hahn, 1879; Jew. Enc.; Jüd. Lex. (s. u. Schreiber Abraham Samuel Wolf Benjamin); M. Zsidó Lex. (s. Szófér S.); PSB; M. Grunwald, in: Jb. für jüd. Volkskde. 1924/25, 1925, S. 437 (s. Ssofer S.); S. Dubnow, Weltgeschichte des jüd. Volkes 10, (1929), S. 116; H. Schwab, Chachme Ashkenaz. A concise record of the life and work of orthodox Jewish scholars of Germany from the 18th to the 20th century, (1964), S. 114f.; F. P. Hodik, Beitrr. zur Geschichte der Mattersdorfer Judengmd. … (= Bgld. Forschungen 65), 1975, S. 249 (s. Sofer S.); Sh. Spitzer, in: Beitrr. zur Geschichte der Juden im Bgld., hrsg. von dems., 1994, S. 50f.; Mitt. Adolf Gaisbauer, Wien, Shlomoh Spitzer, Tel Aviv, Israel.
Autor: (N. Vielmetti)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 52, 1997), S. 198
geboren in Pressburg
gestorben in Krakau

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