Schosberger de Tornya, Simon Wolf

Schosberger de Tornya Simon Wolf, später Simon Wilhelm (Vilmos), Großhändler, Gutsbesitzer und Industrieller. Geb. Pest (Budapest, Ungarn), 21. 2. 1797; gest. Budapest, 25. 3. 1874.

Die Familie schrieb sich bis 1865 auch Schoßberger bzw. Schossberger. Jüngster Sohn von Lazar S., einem Händler, der seit 1783 in Pest bekannt war und 1802 als „tolerierter Jude“ anerkannt wurde, Vater des Vorigen und von Heinrich S. (s. u. dem Vorigen); mos. S. erbte 1837 das „Toleranzrecht“ von seinem Vater. Ab 1827 war er Produktenhändler, ab 1847 privilegierter Großhändler (Tabak) in Pest. Der wirtschaftl. Aufstieg S.s zu einem der reichsten Händler von Pest und wichtigen Investor für die ung. Ind. – sowie die damit verbundene gesellschaftl. Anerkennung der Familie – begann jedoch erst während der 50er Jahre. S. errichtete nicht nur eine Ölraffinerie und eine Zwiebackfabrik, die für die Armee produzierten, sondern er profitierte v. a. aus dem Tabakexport. Später erbrachten u. a. auch Beteiligungen an der Finanzierung des ung. Eisenbahnbaus beträchtl. Gewinne. Neben seinen zahlreichen industriellen und wirtschaftl. Beteiligungen gehörte S. auch zu den bedeutenden Großgrundbesitzern Ungarns; seine Güter waren rationell bewirtschaftet und tw. zu Musterökonomien ausgestaltet. S., der 1861–63 Vorsitzender der Pester jüd. Gmd. war, verhinderte als solcher, daß sich die assimilierten Pester Juden zu sehr dem Ungarntum zuwandten. Beim Ung. Jüd. Kongreß des Jahres 1868 wandte er sich nachdrückl. gegen radikale Reformer, die die Regierung angriffen. Auch in sozialer Hinsicht war S. engagiert, u. a. als Präses des Siechenhauses der Chewra Kadischa. 1863 wurde er als erster nichtkonvertierter Jude in den ung. Adelsstand erhoben.


Literatur: Pester Lloyd, 27. 3. 1874 (Abendausg.); The Jewish Enc. 11, 1905; Semi-Gotha 1912, 1913; W. O. McCagg jr., Jewish nobles and geniuses in modern Hungary, 1972, s. Reg.; V. Bácskai, A vállalkozók elofutárai, 1989; Budapest Fováros Levéltára (Stadtarchiv), Budapest, Ungarn; Mitt. György Kovér, Budapest, Ungarn.
Autor: (J. Mentschl)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 52, 1997), S. 148f.
geboren in Budapest
gestorben in Budapest

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