Schramm, Anna

Schramm Anna, verehel. Bügler, Schauspielerin und Sängerin. Geb. Reichenberg, Böhmen (Liberec, Tschechien), 8. 4. 1835; gest. Steglitz, Preußen (Berlin, Deutschland), 1. 6. 1916.

Tochter der Sängerin und Schauspielerin Henriette Grahmann (auch Graham) (1803–1876), Schwester der Sängerin und Schauspielerin Amalie S. (1826–1907). Obwohl nach amtl. Angaben Tochter des Eduard Brock, führte S., vermutl. ohne adoptiert worden zu sein, den Namen des Mannes ihrer Mutter, des Schauspielers Nikolaus Schramm. Schon sehr früh lernte S. im Rahmen der wechselnden Engagements ihrer Familie das Schauspielerleben kennen und stand nachweisl. erstmals 1841 in Nürnberg auf der Bühne. Zuvor von ihrer Mutter ausgebildet, erhielt sie während einer Verpflichtung am Kölner Stadt- und Nationaltheater (1852/1853) dramat. Unterricht bei Roderich Benedix. Rasch wechselnde Engagements und Gastspiele, bei denen sich bald ihr Talent für das Soubrettenfach zeigte, führten sie u. a. nach Königsberg (Kaliningrad), Berlin (an das Krollsche, später auch an das Friedrich-Wilhelmstädt. Theater), Danzig (Gdansk) und Braunschweig, wo sie – als Abschluß ihrer künstler. Ausbildung – Gesangsunterricht bei Franz Abt nahm. Ab 1858 ans Thaliatheater in Hamburg verpflichtet, wurde sie nach kurzen Zwischenstationen von Franz Wallner 1861 an sein Theater nach Berlin geholt. Dort avancierte S., die nach einem Rollenzitat den Beinamen „die furchtbar Nette“ erhielt, nicht nur zum ausgesprochenen Publikumsliebling, sondern darüber hinaus zu einer der bekanntesten Soubretten Deutschlands. 1867 wechselte sie wieder an das Friedrich-Wilhelmstädt. Theater, wo sie – gegenüber dem am Wallner-Theater bes. gepflegten Genre der Posse – Gelegenheit erhielt, auch in der modernen Operette Offenbachs zu brillieren: so stand sie als Pauline in „Pariser Leben“ mehr als 200 Mal auf der Bühne dieses Theaters. Nach ihrem Abgang, 1870, gastierte sie mit großem Erfolg in etwa 40 Städten. 1876 zog sie sich von der Bühne zurück und heiratete den sächs. Fabrikanten Ferdinand Conrad Bügler (geb. 1852), von dem sie jedoch 1882 geschieden wurde. Durch ihren Mann um ihr Vermögen gebracht, mußte S. unter schwierigen Umständen ihre Bühnenlaufbahn wieder aufnehmen und absolv. in den nächsten Jahren in ihrem alten Rollenfach Gastspiele in etwa 80 Städten Deutschlands, aber auch in Wien und Budapest. Ab 1888 wieder Ensemblemitgl. des Wallner-Theaters, wechselte sie hier in das ältere Fach und konnte als kom. Alte an ihre früheren Erfolge anschließen. 1891–1914 gehörte sie (ab 1913 als Hofschauspielerin, 1914, mit ihrer Pensionierung, Ehrenmitgl.) dem Kgl. Schauspiel in Berlin an, wo sie sich – etwa als Amme in Shakespeares „Romeo und Julia“ oder als Marthe Schwerdtlein in Goethes „Faust“ – zuletzt auch noch in das klass. Fach wagte. Eine ihrer bekanntesten Rollen wurde jedoch die Hökerin Hanne in Karl Niemanns „Wie die Alten sungen“ (1894); als bedeutende Mütterdarstellerin erwies sie sich insbes. durch die Verkörperung der Titelrolle in Adolf L’Arronges „Mutter Thiele“ (1897).


Literatur: Eisenberg, Bühnenlex.; Kosch, Theaterlex.; Ulrich (Theater, Tanz und Musik); M. Koch, Das Kgl. Schauspielhaus in Berlin … (1886–1902), phil. Diss. Berlin, 1957, bes. S. 42, 62, 85, 150; J. Weiß, A. S. …, phil. Diss. Berlin, 1961 (mit Literatur- und Rollenverzeichnis sowie Bildern).
Autor: (E. Lebensaft)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 52, 1997), S. 167f.
geboren in Liberec
gestorben in Berlin

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