Schrank, Johann Ferdinand von

Schrank Johann Ferdinand von, Politiker und Pädagoge. Geb. Wien, 1. 9. 1830; gest. ebenda, 28. 12. 1881.

Sohn eines Advokaturskonzipienten, Bruder des Folgenden. S. stud. 1852–56 Jus an der Univ. Wien; 1857 Dr. jur. der Univ. Graz. Danach stud. er 1858–65 Med. an der Univ. Wien, ehe er sich im Schulwesen und in der Politik engagierte. 1866 wurde er in den Wr. Gmd.Rat gewählt, wo er sich der oppositionellen Gruppe der Äußersten Linken anschloß. Ab 1868 war er Obmann des Demokrat. Ver. des 7. Bez., 1878 gründete er – nach dem Rücktritt von Bgm. Felder (s. d.) – die Fraktion der Vereinigten Linken, der auch Lueger (s. d.) angehörte, und hatte bis 1879 deren Vorsitz inne. 1880 wurde S. zum 2. Vizebgm. gewählt. Ab 1870 gehörte S. auch dem nö. Landtag an, im folgenden Jahr wurde er nö. Landesausschuß, zuständig für die Humanitätsanstalten; als solcher war er in den nö. Landesschulrat delegiert. Schließl. konnte er 1873 auch ein Mandat im Abg.Haus des Reichsrats (bis 1879) erlangen, wo er dem Klub der Demokraten zugerechnet wurde; im selben Jahr wurde er zum Obmann der neugegründeten Wr. Demokrat. Ges. gewählt. Die Befassung mit Schulangelegenheiten bildete den Schwerpunkt seiner polit. Tätigkeit: So hatte er sich in den 60er Jahren für die Errichtung des Pädagogiums eingesetzt und gehörte im Wr. Gmd.Rat der Mittelschuldeputation und der Pädagogiums-Aufsichtskomm. an. Bes. kümmerte er sich um die Entwicklung des kaufmänn. Fachunterrichts und hatte als stellv. Obmann (ab 1872) bzw. Obmann der für die Aufsicht der gewerbl. Fachschulen in Wien zuständigen Gewerbeschulkomm. (1874–79) an der Reorganisation des Gewerbeschulwesens maßgebl. Anteil. S. war aber nicht nur Schulpolitiker, sondern auch ein Mann der Praxis: Ab 1867 unterrichtete er an der Gremial-Handelsschule in Wien Wechselrecht und Nationalökonomie, ließ sich 1873 wegen seiner polit. Verpflichtungen beurlauben, wurde aber 1879 zum Dir. dieser Schule, die 1876 zur Gremial-Handelsfachschule erweitert worden war, berufen. 1871–77 lehrte er Nationalökonomie an der Wr. Handelsakad. Daneben richtete er sein Augenmerk auch auf die Mädchenausbildung. 1866 war S. einer der Initiatoren des Wr. Frauen-Erwerb-Ver., der ab 1868 eine Handelsschule sowie in der Folge eine Reihe gewerbl. Schulzweige für Mädchen führte. S. war Dir. dieser Schuleinrichtungen ab deren Bestehen bis 1879 und überdies Beirat und Ehrenmitgl. des Ver. Daneben leitete er die 1870 eingerichtete erste gewerbl. Fortbildungsschule für Mädchen in Wien-Neubau. Genoß S., der als einer der engagiertesten und rhetor. versiertesten Politiker galt, zu Beginn seiner polit. Laufbahn noch große Popularität, so verlor er diese in den letzten Jahren allmähl. durch seinen Hang zum polit. Opportunismus, v. a. aber durch die auf eigenes Ansuchen erfolgte Nob. 1881, die in scharfem Kontrast zu seinen polit. Idealen stand.


Werke: Das Genossenschaftswesen in Wien, in: Compass. Kal. für Handel, Gewerbe und Ind. in Oesterr., 1868. Red.: Mitt. der Wr. demokrat. Ges., 1873. Hrsg. und Red.: Demokrat. Ztg., 1873–75; usw.
Literatur: Demokrat. Ztg., 18. 10. 1873; Fremden-Bl., N. Fr. Pr., NWT, 28. 12. 1881 (alle Abendausg.); Wr. Communal-Bl., 1. 1. 1882; Hahn, 1873; Programm der Schulen des Wr. Frauen-Erwerb-Ver. … 1871–72ff., 1871ff., passim; Rechenschaftsber. des Wr. Frauen-Erwerb-Ver. für das Schuljahr vom 1. September 1890 bis 31. August 1891 mit einem Rückblick auf seine 25jährige Wirksamkeit …, 1891, S. 5, 7, 11, 14, 22, 45, 52, 55, 94f.; F. Villicus, Gedenkschrift zur 50jährigen Jubiläumsfeier im Jahre 1898 der Gremial-Handelsfachschule der Wr. Kaufmannschaft, 1898, S. 56, 69, 76, 79ff.; C. Felder, Erinnerungen eines Wr. Bgm., (1964), s. Reg.; B. Fiala, Der Wr. Gmd.Rat in den Jahren 1879–83 …, phil. Diss. Wien, 1974, S. 292ff.; A. Meixner, Der Wr. Gmd.Rat in den Jahren 1864–68, phil. Diss. Wien, 1976, S. 296ff.; F. Czeike, in: Hdb. der Stadt Wien 96, 1981/82, S. II/32f.; H. Liebhart, Das Mädchen-Lyzeum des Wr. Frauen-Erwerb-Ver., phil. DA Wien, 1995, S. 4, 8, 31; UA Graz, Stmk; AVA, UA, beide Wien; Mitt. Renate Flich, Wien.
Autor: (G. Kahl)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 52, 1997), S. 175f.
geboren in Wien
gestorben in Wien

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