Schratt, Katharina

Schratt (Maria) Katharina, verehel. Kiss von Ittebe, Schauspielerin. Geb.Baden (NÖ), 11. 9. 1853; gest. Wien, 17. 4. 1940.

Enkelin des Vorigen, Nichte des Johann S. (s. d.). S. wuchs als Tochter des wohlhabenden Kaufmanns Anton S. in Baden auf. An der Kierschnerschen Theaterakad. in Wien ausgebildet, trat sie 1872 ihr erstes Engagement als jugendl. Naive am Berliner Hoftheater an und konnte etwa in der Titelrolle von Sigmund Schlesingers „Die Gustel von Blasewitz“, aber auch schon als Marianne in Goethes „Die Geschwister“ und als Kleistsches Käthchen überzeugen. Bereits im darauffolgenden Jahr wechselte sie an das Wr. Stadttheater (Antrittsrollen: Käthchen und Marianne), wo sie von Laube (s. d.), dem sie in seinen drei Dion.Perioden treu blieb (dazwischen absolv. sie ein längeres Gastspiel in St. Petersburg), sehr gefördert wurde. Als jugendl. Naive und Komikerin in Konversationsstücken, aber auch in Stücken Anzengrubers (bes. Horlacherlies in „Der G’wissenswurm“) und Raimunds (sie war am Burgtheater die erste Rosa in „Der Verschwender“) gelangte sie fortan mit ihrer wiener.-bodenständigen, etwas herben Ausstrahlung zu großer Popularität. 1879 heiratete S. den ung. Lebemann Nikolaus Kiss v. Ittebe, trennte sich jedoch schon kurz nach der Geburt ihres einzigen Sohnes (1880) ohne Scheidung von ihrem Mann und setzte ihre Schauspielerkarriere fort. Nach Gastspielen, u. a. am Dt. Theater in New York, wurde S. 1883 an das Wr. Hofburgtheater verpflichtet (Debüt: Lorle in Charlotte Birch-Pfeiffers „Dorf und Stadt“); 1887 Hofschauspielerin. S., die auch mit anderen bedeutenden Persönlichkeiten, wie Hans Gf. Wilczek und Kg. Ferdinand v. Bulgarien oder auch mit dem Schauspieler Girardi (s. d.), sehr befreundet war, hatte bereits bei ihrer Vorstellungsaudienz, 1883, auf K. Franz Joseph (s. d.) einen starken Eindruck gemacht, es sollte jedoch drei Jahre dauern, bis Kn. Elisabeth (s. d.) selbst diskret die Beziehung förderte. Über tausend Briefe des K. an seine „Freundin“ dokumentieren die wechselvolle und trotz aller Vertrautheit doch auch distanzierte Beziehung des Paares. Während Franz Joseph durch S. etwas Häuslichkeit und menschl. Wärme gewann und in Berührung mit eher liberalen bürgerl.-intellektuellen und künstler. Kreisen kam, wurde die Schauspielerin durch ihn zu einer der reichsten Frauen der Monarchie. Problemat. wurde die Beziehung nach dem Tod Elisabeths, 1898, als sich der K. vorsichtig von Katharina S. zu distanzieren begann. Diese wiederum entzog sich seinen Besuchen durch weite Reisen. Als der K. außerdem ihren Interventionen gegen den neuen Burgtheaterdir. Schlenther (s. d.) nicht nachgab, verließ sie im Zorn das Burgtheater, wo sie sich nicht nur durch ihr herr. Wesen Feinde gemacht hatte, sondern auch durch ihren Schauspielstil nicht mehr ganz den Erfordernissen moderner Stücke entsprach, und ging in Pension. Sie trat danach nur noch gelegentl. im Rahmen von Gastspielen auf, 1903 sorgte sie als Kn. Maria Theresia in Schönthans „Maria Theresia“ am Dt. Volkstheater für Aufsehen, als sie in dieser Rolle die ihr vom K. geschenkten Juwelen trug. Nach dem Tod ihres Ehemanns, 1909, erfüllte sich ihre Hoffnung auf eine späte Heirat mit dem K. nicht, die freundschaftl. Beziehung dauerte aber bis zu dessen Tod. Im Alter reiste S. viel, pflegte Geselligkeit und engagierte sich für den Tierschutz. Ihre Diskretion blieb nach dem Tod des K. vorbildl. und war auch durch beträchtl. finanzielle Ztg.Angebote nicht zu erschüttern.


Literatur: Alth, Burgtheater; Eisenberg, Bühnenlex.; Kosch, Theaterlex. (s. Kiß v. Itebe); Ulrich (Theater, Tanz und Musik); H. Mailler, K. S. Ein Lebensbild, (1947); Briefe K. Franz Josephs an Frau K. S., hrsg. von J. de Bourgoing, (1949), Neuausg. 1964; H. Holub, K. S., phil. Diss. Wien, 1967; G. Markus, K. S. Die heiml. Frau des K., (1982) (mit Rollenverzeichnis), 3. Aufl. 1987; J. Haslip, Die Freundin des K., (1985) (engl. 1982); Meine liebe, gute Freundin! Die Briefe K. Franz Josephs an K. S. …, hrsg. von B. Hamann, (1992), Taschenbuchausg. 1996.
Autor: (B. Hamann)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 52, 1997), S. 179f.
geboren in Baden
gestorben in Wien

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