Schönthan von Pernwaldt, Franz

Schönthan von Pernwaldt Franz, Künstlername Franz von Schönthan, Schriftsteller und Schauspieler. Geb. Wien, 20. 6. 1849; gest. ebenda, 2. 12. 1913.

Sohn des Eisenhändlers Johann Paul S. v. P. (geb. Wien, 1817; gest. ebenda, 10. 1. 1898), Neffe des Folgenden, Bruder des Paul S. v. P. (s. d.), Cousin des Kunsthistorikers Franz Wickhoff, Schwiegervater des Kunsthistorikers Gustav Glück und des Mediziners Hans Thaler. S. brach die für ihn vorgesehene Militärlaufbahn ab, um zur Bühne zu gehen, und wirkte in den 70er Jahren als jugendl. Held und Bonvivant (gelegentl. auch als Regisseur) an den Bühnen in Dessau, Zerbst, Cöslin und Wesel, ab 1878 in Berlin am Residenz-Theater und am Wallner-Theater, an das er aufgrund des Erfolgs seines Lustspiels „Das Mädchen aus der Fremde“ (1879 am Hamburger Thaliatheater aufgef.) auch als Theaterdichter engagiert wurde. S. gab daraufhin die Schauspielerlaufbahn auf, um sich fast ausschließl. der Bühnenschriftstellerei zu widmen (ein Engagement ans Wr. Stadttheater als Oberregisseur 1883/84 fand durch den Brand dieses Theaters ein rasches Ende und seine Bewerbung um die Dion. des neuzugründenden Dt. Volkstheaters in Wien, 1887, zog er, wenn auch nicht ganz freiwillig, wieder zurück). Die Erstauff. des Schwanks „Sodom und Gomorrha“ am Wallner-Theater, 1879, übertraf noch den vorherigen Erfolg und führte zu S.s Zusammenarbeit mit Gustav v. Moser: So erfuhr etwa das in Koproduktion geschaffene Militärlustspiel „Krieg im Frieden“, 1880, allein am Hofburgtheater in Wien in den Jahren 1880–1914 126 Auff. S. lebte abwechselnd in Deutschland und Österr., ab 1896 ständig in Wien. Seine zahlreichen, v. a. auch auf Wr. Bühnen häufig gespielten, tw. auch ins Tschech. übers. Schwänke, Lustspiele, Salonstücke usw. in der Nachfolge August v. Kotzebues und Bauernfelds (s. d.), die häufig in Koproduktion mit anderen Routiniers des seichten Unterhaltungstheaters, wie Kadelburg (s. d.) und Franz Koppel-Ellfeld sowie seinem Bruder, entstanden, machten ihn zu einer Hauptstütze des dt. Lustspielrepertoires. Daneben verf. er auch autobiograph. gefärbte humorist. Kurzprosa im Plauderton, v. a. zu Fragen des Kunstbetriebs. Bleibende Bekanntheit erlangte S. jedoch nur durch den gem. mit seinem Bruder geschaffenen Schwank „Der Raub der Sabinerinnen“ (1884 uraufgef.), in dem die angebl. mit einer Dilettanten-Literatin gemachten gem. Erfahrungen für ein an Eugène Labiche erinnerndes Verwirrspiel zum Thema Bürgertum/Künstlertum verwertet werden. Die Rolle des Schmierentheaterdir. Striese zählt heute noch zu den begehrtesten Paraderollen des dt. Theaters. Auch S.s Sohn, Franz S. v. P. (geb. Berlin/Deutschland, 13. 9. 1884; gest. 25. 5. 1951), evang. AB, Rtm. a. D., trat unter dem Künstlernamen Franzhans v. S. als Schriftsteller hervor.


Werke: W. (Erstaufl.): Unsere Frauen, 1881, gem. mit G. v. Moser; Der Schwabenstreich, 1882; Roderich Heller, 1883; Goldfische, gem. mit G. Kadelburg, 1887; Renaissance, gem. mit F. Koppel-Ellfeld, 1897; Klein Dorrit, 1905 (nach Ch. Dickens); Drei Erlebnisse eines engl. Detektivs, 1906; Georgina, 1908; Lori Pollinger, gem. mit R. Oesterreicher, Das letzte Wort, beide o. J.; Komtesse Guckerl, Die gold’ne Eva, beide gem. mit F. Koppel-Ellfeld, beide o. J.; Zwei glückl. Tage, gem. mit G. Kadelburg, Kleine Humoresken, 4 Bde., gem. mit Paul v. S. (= Universal-Bibl. 1680, 1790, 1939, 2279), Das goldene Buch (= ebenda, 4287), alle o. J.; Wie ein Schwank entsteht, gem. mit Paul v. S., in: Wr. Künstler-Dekamerone, hrsg. von R. Wittmann, red. von M. Brand, o. J. (mit Bild), auch in: Der Krystall (Beilage zu: Die österr. Furche), 23. 5. 1953 (mit Bild); usw.
Literatur: N. Fr. Pr., 20. 6. 1909, 3. und 5. 12. 1913; Wr. Ztg., NWT (beides Abendausg.) 3., Neues Wr. Journal, 4. 12. 1913; Alth, Burgtheater, Reg.Bd., S. 30; Brümmer; Enc. dello spettacolo; Giebisch–Gugitz; Kosch; Kosch, Theaterlex.; Kosel 1; Nagl–Zeidler–Castle 3–4, s. Reg.; R. Tyrolt, Chronik des Wr. Stadttheaters 1872–84, 1889, s. Reg.; A. Hinrichsen, Das literar. Deutschland, 2. Aufl., 1891; Dt. Bühnen-Jb. 26, 1915, S. 164; A. Kleinberg, in: Biograph. Jb. 18, 1917, S. 68f.; A. v. Pantz, Die Gewerken im Bannkreise des steir. Erzberges (= Jb. der k. k. herald. Ges. „Adler“, NF 27–28), 1917/18, S. 301; K. Glossy, 40 Jahre Dt. Volkstheater, (1929), s. Reg.; B. Wilms, Der Schwank, phil. Diss. Berlin, 1969, bes. S. 226ff.; W. Binal, Dt.sprachiges Theater in Budapest … (= Theatergeschichte Österr. 10/1), 1972, s. Reg.; Lex. der Weltliteratur, hrsg. von G. v. Wilpert, 1, 2. Aufl. (1975); F. Stieger, Opernlex. 3/3, 1981; Theater-Lex., hrsg. von H. Rischbieter, (1983); 100 Jahre Volkstheater, (1989), S. 18f., 23; Literatur Lex., hrsg. von W. Killy, 10, 1991; Magistratsabt. 61, Wien.
Autor: (S. Leskowa)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 51, 1995), S. 96f.
geboren in Wien
gestorben in Wien

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