Schollich, Ernst

Schollich Ernst, Politiker und Lehrer. Geb. Deutschliebau, Mähren (Libina, Tschechien), 26. 4. 1882; gest. Neutitschein (Nový Jicín, Tschechien), 23. 5. 1945 (Selbstmord).

Sohn eines Tischlermeisters. Nach Besuch der Gymn. in Olmütz (Olomouc) und Mähr. Neustadt (Unicov) und Absolv. des Einjährig-Freiwilligenjahres, 1902–03 (1904 Lt. der Res.), stud. S. Geographie, Geschichte und Leibesübungen an den Univ. Prag (1903–04) und Graz (1904–07); 1907 Dr. phil. der Univ. Graz. 1907–08 unterrichtete S. als Prof. am Gymn. in Mähr. Neustadt, 1908–35 in Neutitschein als Prof. bzw. Stud.Rat an der (höheren) landwirtschaftl. Landesmittelschule und war zugleich an der dortigen Fortbildungsschule tätig. 1914–18 war er Kriegsteilnehmer, zuletzt als Hptm. Bereits seit seiner Stud.Zeit engagierte sich S. für die Belange der Sudetendt., zunächst im Rahmen von polit. Jugendverbänden, später sowohl auf Ver.Ebene als Publizist (1922–24 Hrsg. und Red. des „Volksruf“, Aufsichtsratsmitgl. der „Deutschen Presse“, 1929–44 Mitarbeiter der „Deutschen Volkszeitung“) und v. a. als polit. Mandatar. So gehörte er u. a. dem Vorstand des Bundes der Dt. in Nordböhmen und der Dt.radikalen Partei in Mähren an und war ab 1919 Mitgl. des schles. nationalist. Ver. Nordmark. Ab 1919 war er auch Mitgl. der Bez.- und Landesführung der Dt.- sozialen Volkspartei, die sich im selben Jahr mit der Dt. Nationalpartei (DNP) fusionierte. 1920–35 Abg. im tschechoslowak. Parlament (S. war einer der wenigen dt. Abg., die die tschech. Sprache beherrschten), zählte er – 1920–29 Geschäftsführer und 1929–33 Klubobmann – zu den führenden Vertretern der DNP. Daneben war der Multifunktionär S., der auf kommunaler Ebene als Vizebgm. (1919–20), als Bgm. (1923–33 und 1938–45) bzw. Oberbgm. von Neutitschein fungierte, 1920–33 Obmann des Schulausschusses des Verbands der dt. Selbstverwaltungskörper in der CSR. 1933 setzte er sich für die Vereinigung von DNP und Dt. Nationalsozialist. Arbeiterpartei ein. Nach der Auflösung der DNP 1933 war S. bis 1935 Vors. des Klubs der dt.völk. Abg. und wurde dann Mitgl. der Sudetendt. Partei Konrad Henleins. 1935–36 war er Bez.-, 1936–38 Gauobmann des Bundes der Dt. Ab ca. 1936 arbeitete er als Agent für den dt. Sicherheitsdienst (SD) und befand sich während der Sudetenkrise, 1938, kurzzeitig in Haft. Anfang 1939 wurde er Mitgl. der NSDAP, trat wenige Monate später in die SS ein (September 1939 Sturmbannführer) und war ab Mitte des Jahres im Reichssicherheitshauptamt tätig. Ab 1939 war er außerdem Kreisleiter für Kommunalpolitik und ab 1943 Gemeinschaftsleiter der NSDAP. Im Mai 1945 wurde S. von der tschech. Polizei verhaftet und beging im Gefängnis Selbstmord.


Werke: Beitrr. in Volksruf, Dt. Volksztg., Dt. Presse usw.
Literatur: Dt. Volksztg., 22. 4. 1932; F. Wertheimer, Von dt. Parteien und Parteiführern im Ausland, 2. Aufl. 1930, s. Reg.; Jahrweiser 1958 der Sudetendt. Landsmannschaft, 1958, S. 201; J. Cesar – B. Cerný, Politika nemeckých buržoazních stran v Ceskoslovensku v letech 1918–38, 1–2, 1962, s. Reg, bes. Bd. 2, S. 563f.; W. Dörrich, in: Landschaft, Land- und Forstwirtschaft Sudetenschlesiens, zusammengestellt von E. A. Wittek, 1971, S. 295; N. Linz, Der Bund der Landwirte in der Ersten Tschechoslowak. Republik (= Veröff. des Collegium Carolinum 39), 1982, s. Reg.; J. Hanák, in: Vlastivedný sborník okresu Nový Jicín 35, 1985, S. 1ff.; M. D. Balling, Von Reval bis Bukarest. Statist.-Biograph. Hdb. der Parlamentarier der dt. Minderheiten in Ostmittel- und Südosteuropa 1919–45, 1–2, 1991, s. Reg.; J. Hanák, PhDr. E. S., 1994 (Manuskript); KA Wien; UA Graz, Stmk.; UA Praha, Tschechien.
Autor: (F. Spurný)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 52, 1997), S. 120f.
geboren in Horní Libina
gestorben in Neutitschein

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