Schönborn, Franz de Paula Gf.

Schönborn Franz de Paula Gf., Kardinal. Geb. Prag, Böhmen (Praha, Tschechien), 24. 1. 1844; gest. Falkenau, Böhmen (Sokolov, Tschechien), 25. 6. 1899.

Bruder des Vorigen und der beiden Folgenden, Onkel des Johann Gf. S. (s. u. Karl Gf. S.). Absolv. 1863 das Prager Gymn. auf der Kleinseite, stud., für die diplomat. Laufbahn bestimmt, anschließend bis 1867 an der Prager Univ. Jus und legte 1868 die Staatsprüfungen ab. Aus patriot. Begeisterung trat er im Krieg von 1866 gegen Preußen als Lt. 2. Kl. beim Kürassierrgt. 6 ein, nahm u. a. am Treffen bei Nachod (Náchod) und an der Schlacht bei Königgrätz (Hradec Králové) teil und avancierte zum Lt. 1. Kl.; 1867 quittierte er mit Beibehaltung des Off.Charakters den Dienst. S. beschloß, Priester zu werden und stud. als Jesuitenschüler 1869–70 in Rom, 1870–74 an der Univ. Innsbruck, 1874–75 wieder in Rom Theol.; 1875 Dr. theol. an der Gregoriana. 1873 von seinem väterl. Freund und Förderer Kardinal Friedrich Fürst Schwarzenberg zum Priester geweiht, wirkte S. 1875–79 als Kaplan und Katechet in Plan (Planá) und wurde dann Vizerektor am erzbischöfl. Priesterseminar in Prag, 1882 Rektor. Schwarzenberg suchte seinen Schützling trotz anfängl. Bedenken auf das bischöfl. Amt und schließl. für die Nachfolge auf den Prager Metropolitansitz vorzubereiten. Seit 1881 erschien S. auf Vorschlagslisten bei Bistumsbesetzungen, 1883 wurde er zum Bischof von Budweis (Ceské Budejovice) ernannt. 1884 eröffnete er das von Papst Leo XIII. initiierte Stud.Seminar „Collegium Bohemicum“ in Rom. Bereits 1885 erfolgte S.s Ernennung (als Nachfolger Schwarzenbergs) zum Erzbischof von Prag; 1889 Kardinal. S. war, im Gegensatz zu Schwarzenberg, ein Freund der Jesuiten und der neuscholast. Richtung. Die von seinem Vorgänger verhinderte nationale Teilung der theolog. Fak. (im Rahmen der dt. und der tschech. Univ.) führte S. auf Drängen der Regierung durch. S. sah auf würdigen Gottesdienst (u. a. Einführung des gregorian. Chorals) und genaue Beachtung der liturg. Vorschriften, er förderte die Knabenseminare in Pribram (Príbram) und Mies (Stríbro). Die von ihm auf Betreiben der Liberalen und Feudalkonservativen durchgeführte Intervention beim Hl. Stuhl (1894/95) gegen die junge christl.-soziale Bewegung führte nicht zum Ziele.


Literatur: N. Fr. Pr., 27. 3. 1895 und 26. (Abendausg.), Bohemia, Prager Tagbl. und Das Vaterland, 26.–30., Wr. Ztg., 26. (Abendausg.) und 30. 6. 1899; V. Vlcka, in: Osvcta 29, 1899, S. 707ff.; Biograph. Jb. 4, 1900, S. 278f.; F. Mardetschläger, Kurzgefasste Geschichte des Bisthums und der Diöcese Budweis …, 1885, S. 304ff.; F. de Paula Reichsgf. v. S., (1889); G. Kolmer, Das neue Parlament (= Parlamentar. Jb. 5), 1897, S. 112f.; (J. Tumpach), in: Casopis katolického duchovenstva 65, 1899, S. 336 (mit Bild); K. Kašpar, Papež Lev XIII. a ceská kollej v Rímé, 1905, S. 6f., 11ff.; G. Kolmer, Parlament und Verfassung in Österr. 4–6, 1907–10, s. Reg.; C. Wolfsgruber, F. Kardinal Schwarzenberg 2–3, 1916–17, s. Reg.; A. M. Weiß, Lebensweg und Lebenswerk, 1925, s. Reg.; A. Kindermann, Das landesfürstl. Ernennungsrecht, 1933, s. Reg.; F. Funder, Vom Gestern ins Heute, (1952), s. Reg.; J. W. Boyer, Aufbruch zur christl. Sozialreform, 1953, S. 101f., 110ff.; F. Engel-Janosi, Österr. und der Vatikan 1846–1918, 1–2, 1958–60, s. Reg.; E. Weinzierl-Fischer, in: Mitt. des österr. Staatsarchivs 14, 1961, S. 480ff.; N. Miko, in: Röm. hist. Mitt. 5, 1962, S. 181ff.; J. W. Boyer, Political radicalism in late imperial Vienna, (1981), s. Reg.; A. K. Huber, in: Archiv für Kirchengeschichte von Böhmen-Mähren-Schlesien 7, 1985, S. 99f.; L. Reichhold, F. M. Schindler, (1989), S. 28f.; E. Lobkowicz, Erinnerungen an die Monarchie, (1989), s. Reg., bes. S. 64ff.; KA Wien; UA Praha, Tschechien.
Autor: (A. K. Huber)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 51, 1995), S. 56f.
geboren in Prag
gestorben in Falkenau an der Eger

Lifeline