Schmid, Siegfried

Schmid, — (Philipp) Siegfried Schriftsteller und Offizier. Geb. Friedberg, Freie Reichsstadt (Deutschland), 16. 12. 1774; gest. Wien, 10. 4. 1859.

Sohn eines Kaufmanns (später auch Schöffen und Bürgermeisters), auch mütterlicherseits aus einer Kaufmanns- und Honoratiorenfamilie stammend; evang. AB. Stud. 1792 an der Univ. Gießen, danach bis 1795 in Jena Theol., hörte daneben Vorlesungen aus andereren Wissensgebieten, insbes. Phil. v. a. bei K. L. Reinhold (s. d.) und Fichte, und schloß eine Reihe von Freundschaften, u. a. mit Isaac v. Sinclair, während er zu Hölderlin, der damals gleichfalls in Jena stud., erst 1797 in Frankfurt a. M. in nähere Verbindung trat. Nach seinen Stud. kehrte S. als Predigerkandidat, vorerst beschäftigungslos und sich zunehmend zur Dichtkunst berufen fühlend, nach Friedberg zurück. Er trat in Kontakt zu Schiller, der vier seiner Ged. 1798 im „Musenalmanach“ druckte und ihn an Goethe empfahl, dessen persönl. Urteil über S. jedoch negativ ausfiel. 1797 ging S. nach Basel, wo er schließl. eine Hauslehrerstellefand, 1799–1800 diente er als Kadett im österr. Dragonerrgt. 6. Über Wien kehrte er 1800 nach Friedberg zurück und bewarb sich – erfolglos – um die Professur der Beredsamkeit und Dichtkunst in Gießen. 1802–04 als Hofmeister in Erlangen; 1802 Mag. und Dr. phil. der dortigen Univ. 1804 kehrte S. in die Heimatstadt zurück, noch immer ohne Lebensstellung. Unter Selbstüberschätzung leidend, überreizt und sich, zunehmend menschenscheu, als Einsamer fühlend, lebte S. in finanzieller Abhängigkeit vom Vater, der ihn schließl. entmündigen, in Verwahrung nehmen und 1806 sogar vorübergehend in einer Anstalt unterbringen ließ. Danach übernahm Sinclair – ähnlich wie zuvor im Falle Hölderlins – zeitweilig die Fürsorge auch für diesen Freund. 1808 trat S. als Unterlt. beim Husarenrgt. 4 ein, mit dem er – inzwischen Oblt. – u. a. an der Schlacht bei Wagram (1809) teilnahm. Während Napoleons Rußlandfeldzug geriet er, schwer verwundet, in Gefangenschaft; nach seiner Rückkehr stand er als Rtm. 2. Kl. bei der Reserve in Ungarn sowie 1815 nochmals kurze Zeit im Feld gegen Frankreich. Nach Garnisonierung in OÖ und Ungarn wurde er – als halbinvalid – 1819 pensioniert. Er lebte zunächst in verschiedenen ung. Städten, ab 1844 in Wien, wo er mit einer Gesamtausg. seiner Dramen begann. Sie sind in Form und Thematik ebenso zeitverhaftet, wie ihr Autor – ähnlich Hölderlin - als Repräsentant für die „gefährdete“ Dichtergeneration dieser Zeit gesehen wird; so ist das Drama „Die Heroine oder zarter Sinn und Heldenstärke“, 1801, wohl nur deshalb nicht der Vergessenheit anheimgefallen, weil es, von Hölderlin aus Gefälligkeit gegenüber dem Freund, der auch Widmungsträger seiner Elegie „Stutgard“ ist, rezensiert, zur einzigen poetolog.-dramaturg. Äußerung Hölderlins über das Lustspiel überhaupt Anlaß gab.


Werke: Phantasien, 1803; Dramat. Werke 1–2, 1842–43, 3–5, Manuskript, Hss.Smlg., Österr. Nationalbibl., Wien; Ged., u. a. in: Hymn. Dichtung im Umkreis Hölderlins, hrsg. von P. Böckmann ( = Schriften der Hölderlin-Ges. 4), 1965 (mit Biographie S. 347ff.); Beitrr. in Wr. allg. Theaterztg.; usw.
Literatur: (auch unter Schmidt):f. Zinkernagel, in: Euphorion 29, 1928, S. 360ff.; M. Franz –H. Menzner, in: Le pauvre Holterling 6, 1983, S. 54ff.; Brümmer, 18. Jh.; Goedeke, s. Reg.; Kosch; Ch. Waas, S. S. aus Friedberg in der Wetterau . . . ( = Hess. Volksbücher 66–69), 1928 (mit Bild); f. Hölderlin, Sämtl. Werke. Frankfurter Ausg., hrsg. von D. E. Sattler, 6, 1976, S. 181 ff., 9, 1983, S. 243, 14, 1979, S. 373ff.; H. Hirblinger, Widmungsged. und Freundschaftsbund. Hölderlins Lyrik im polit. und sozialen Kontext seiner Zeit, phil. Diss. München, 1979, bes. S. 7, 26, 28, 66f., 128ff., 132, 137f., 196, 209ff.; J. Weber, Goethe und die Jungen ( = Untersuchungen zur Dt. Literaturgeschichte 48), 1989, bes. S. 12f., 22ff., 32ff., 45; Literatur Lexikon, hrsg. von W. Killy, 10, (1991).
Autor: (E. Lebensaft)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 49, 1993), S. 295f.
geboren in Friedberg
gestorben in Wien

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