Schmitz, Oskar A. H.

Schmitz Oskar A. H. (Adolf Hermann), Schriftsteller. Geb. Homburg, Preußen (Bad Homburg, Deutschland), 16. 4. 1873; gest. Frankfurt a. Main, Dt. Reich (Deutschland), 17. 12. 1931.

Sohn eines Eisenbahndir. und einer jüd. Bankierstochter. Protestant, erzogen, betonte S. jedoch immer wieder seine geistige Nähe zum Katholizismus. S. stud. 1892–94 in Heidelberg, Leipzig, München, Berlin und Rom Jus, Nationalökonomie, Germanistik, Kunstgeschichte und Phil. Zunächst durch Vermittlung von Karl Wolfskehl publ. er ab 1896 Ged. in Stefan Georges „Blätter für die Kunst“ und kann ab 1897 dem „George-Kreis“ zugerechnet werden; 1904 kam es zum Bruch mit George. Nach häufig wechselnden Aufenthaltsorten lebte S. 1899–1905 in München; die damaligen Verhältnisse in Schwabing (George-Kreis und die Gruppe der „Kosmiker“ um Alfred Schuler) schildert er in seinem satir. Roman „Wenn wir Frauen erwachen . . . “ (1913; ab 7. Aufl., 1918: „Bürgerliche Bohéme“). S„ der alle Länder Europas und den Mittelmeerraum bereiste, lebte 1907– 15 hauptsächl. in Berlin, 1915–31 in Salzburg, wo er in den 20er Jahren eine Praxis als Psychoanalytiker betrieb, 1931 übersiedelte er nach Frankfurt a. M. S. ermutigte Meyrink (s. d.) und Fritz v. Herzmanovsky-Orlando zu ihren ersten literar. Arbeiten, für seinen Schwager Alfred Kubin brachte er das Manuskript des Romans „Die andere Seite“ zur Druckreife. Darüber hinaus hatte er – neben freundschaftl. Beziehungen zu Bahr (s. d.), Franz Karl Ginzkey und Stefan Zweig – persönl. Kontakt u. a. zu Freud und Hofmannsthal (beide s. d.), Hermann Hesse und Thomas Mann. S. verf. zahlreiche Reisebücher, Essays, mehrere Romane, Dramen, Ged., Novellen (mit seinem Erzählbd. „Haschisch“, 1902, wurde er ein Mitbegründer der modernen phantast. Novellenliteratur in Europa), kulturphilosoph. und autobiograph. Schriften („Lothar, oder der Untergang der Kindheit“, 1904, „Der Vertriebene“, 1916). S. war ein Zeitkritiker im Sinne Nietzsches, daneben stark beeinflußt von der Polaritätsphil. Salomo Friedländers („Schöpferische Indifferenz“, 1918) und der Psychol. Carl G. Jungs. In seiner autobiograph. Trilogie „Die Geister des Hauses“, „Dämon Welt“ und „Ergo sum“ (alle 1926), deren Schwerpunkt auf der „inneren“ Wahrheit liegt, ohne die „äußere“ zu entstellen, erklärt S. seine lebenslange Sinnsuche und gibt seinem weitgefächerten Werk einen Mittelpunkt. S. zeichnete sich durch große Begeisterungsfähigkeit aus, die ihn viele geistige Strömungen seiner Zeit intensiv miterleben ließ. Nach vergebl. Hinwendung zur Astrol. und zur östl. Phil. fand er seinen Lebenssinn in der „Weisheitslehre“ Hermann Gf. v. Keyserlings und im Werk Jungs, das er weiteren Kreisen verständl. machte. Während die frühe Meisterschaft seiner Novellen, Essays und Feuilletons etwa von Hofmannsthal und K. Kraus (s. d.) anerkannt wurde, stellten die Publ. des Denkers und „Weisen“ S. den Dichter etwas in den Schatten, verhalfen ihm aber ebenfalls zu einem großen Leserpublikum. Erst gegen Ende seines Lebens gelang es S., zur Poesie zurückzukehren und in der Bildersprache des Märchens seine psycholog. Erkenntnisse in dichter. Form zu gestalten.


Werke: W. (Erstaufl.): Halbmaske, 1903; Don Juan, Casanova und andere erot. Charaktere. Essays, 1906; Französ. Gesellschafts-Probleme, 1907; Brevier für Weltleute. Essays, 1911; Die Kunst der Politik, 1911, ab 3. Aufl. unter dem Titel: Englands polit. Vermächtnis an Deutschland, 1916; Fahrten ins Blaue. Ein Mittelmeerbuch, 1912; Die Weltanschauung der Halbgebildeten, 1914; Herr Pepinster und sein Popanz, 1915; Menschheitsdämmerung, 1918; Brevier für Unpolit., 1920; Brevier für Einsame, 1921; Das Dionys. Geheimnis, 1921; Der Geist der Astrol., 1922; Das rätselhafte Deutschland, 1923; Der österr. Mensch, 1924; Melusine. Roman eines Staatsmannes, 1928; Märchen aus dem Unbewußten, 1932; usw.
Literatur: Salzb. Kulturlex.; O. A. H. S. zum 50. Geburtstag, 1923; K. Bohdal, O. A. H. S. Eine Monographie mit bes. Berücksichtigung der Schwabinger Zeit des Dichters und seiner phantast. Erz., phil. Diss. Graz, 1969 (mit Works und Literaturverzeichnis); K. Kluncker, Bll Jur die Kunst ( = Stud. zur Phil. und Literatur des 19. Jh. 24), (1974), s. Reg. (mit Verzeichnis von S. ’ Beitrr, für diese Z.); G. P. Landmann, S. George und sein Kreis. Eine Bibliographie, 2. Aufl. (1976), s. Reg.; F. v. Herzmanovsky-Orlando, Der Gaulschreck im Rosennetz ( = ders., Sämtl. Werke 1), (1983), s. Reg.; ders. . Der Briefwechsel mit A. Kubin 1903–52, hrsg. von M. Klein ( = ebenda, 7), (1983), s. Reg., ders., Ausgewählte Briefwechsel, hrsg. von M. Reinisch ( = ebenda, 8), (1989), s. Reg.; S. Friedlaender/Mynona – A. Kubin, Briefwechsel, hrsg. von H. Geerken und S. Hauff, 1986; Literatur Lex., hrsg. von W. Killy, 10, (1991).
Autor: (H. Holl)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 49, 1993), S. 337f.
geboren in Bad Homburg vor der Höhe
gestorben in Frankfurt am Main

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