Schmeykal, Franz

Schmeykal Franz, Politiker. Geb. Böhmisch-Leipa, Böhmen (Ceská Lípa, Tschechoslowakei), 3. 12. 1826; gest. Prag, Böhmen (Praha, Tschechoslowakei), 5. 4. 1894.

Sohn eines Notars und Landesadvokaten; nach dem Besuch des Augustinergymn. in Böhm.-Leipa (1837–1843) stud. er Phil. und Jus 1843–50 an der Univ. Prag, 1851 Dr. jur. Anschließend arbeitete er in der Advokaturskanzlei seines Vaters, wobei er u. a. Fürst K. Auersperg (s. d.) vertrat. Zu Beginn der konstitutionellen Ära (1861) in den Böhm. Landtag gewählt, schloß er sich der liberalen Verfassungspartei an, die er bis 1867 gem. mit E. Herbst (s. d.), dann allein anführte, und wurde Klubobmann der dt. Landtagsabg. Noch 1861 Landesausschußbeisitzer, wurde S. 1862 Landesadvokat für Prag. Die ersten Jahre seiner polit. Tätigkeit, bis etwa 1868, bemühte er sich um Konsolidierung der Partei und trat wenig in der Öffentlichkeit hervor. 1869 gründete S. den Verfassungsver. der Deutschen in Böhmen und führte 1870 mit den Tschechen Ausgleichsverhh., die jedoch scheiterten. 1871 trat S. vehement gegen die von den Tschechen verlangte Selbständigkeit der böhm. Länder auf, weil er eine Bevormundung der Deutschen befürchtete, und verhinderte 1879 eine Revision der Landtagsordnung. 1880 trat S. als Sprecher der Verfassungspartei in Wienauf und bekämpfte die Einführung der tschech. Sprache bei Ämtern und Behörden. Als es der tschech. Volksgruppe gelungen war, die Landtagsmehrheit zu stellen, engagierte er sich ab 1883 für die Zweiteilung des Landes. Als auch sein Antrag auf sprachliche Abgrenzung der Gerichts- und Verwaltungsbez. abgelehnt wurde, verließ er 1886 an der Spitze der dt. Abg. den Landtag. 1890 war S. führend an den Wr. Ausgleichsverhh. beteiligt, wo er immerhin die Teilung des Landesschulrates und des Landeskulturrates erreichte, doch schwächte die vor allem auf Grund jungtschech. Widerstandes schleppend gewordene Durchführung seine Position. S., der nie ein Reichsratsmandat angenommen hatte, wurde von E. v. Plener (s. d.) als „bester Mann Deutschböhmens“ bezeichnet, von tschech. Seite jedoch als wohl fairer, aber unversöhnlicher Gegner angesehen und auch von den erstarkenden Dt. Nationalen abgelehnt. Mitbegründer und Obmann zahlreicher dt.-böhm. Ver., wie etwa des Dt. Kasinos (seit 1862), ab 1887 Ehrenmitgl. des Ver. für Geschichte der Deutschen in Böhmen und Ehrenbürger von 28 dt. -böhm. Städten, mußte der josephin.-liberal orientierte Politiker zu Lebensende sein Hauptwerk, die polit. Einheit der dt. Bevölkerungsgruppe Böhmens, zerbrechen sehen.


Literatur: Das Vaterland und Politik vom 6., N. Fr. Pr. und Wr. Ztg. vom 6. und 7. 4. 1894; Prager Tagbl. vom 7. und 8. 4. 1894; Jurist. Bll. 23, 1894, S. 163; Mitt. des Ver. für Geschichte der Deutschen in Böhmen 32, 1894, S. (1); ADB; Kosch, Staatshdb.; F. S. Eine Gedenkschrift, 1894 (mit Bildern); E. v. Plener, Reden, 1911, S. 829f.; ders., Erinnerungen 2, 1921, s. Reg., bes. S. 324f.; sudetendt. Lebensbilder, hrsg. von E. Gierach, 3, 1934, S. 310ff. (mit Bild); G. Franz, Liberalismus. Die dt. liberale Bewegung in der Habsburg. Monarchie, 1955, S. 348; G. Haubner, Der Einfluß der Dt. Böhmen auf die liberale Partei (dt. ) in Österr. 1860–90, phil. Diss. Wien, 1966, passim; H. Bachmann, in: Sudetendeutschtum gestern und heute, hrsg. von H. Kuhn, 1986, S. 37f., 45 (mit Bild).
Autor: (He. Slapnicka)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 48, 1992), S. 236f.
geboren in Česká Lípa
gestorben in Prag

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