Schleyer von Pontemalghera, Leopold Frh.

Schleyer von Pontemalghera Leopold Frh., General, Militärtechniker und Fachschriftsteller. Geb. Königgrätz, Böhmen (Hradec Králové, Tschechoslowakei), 2. 6. 1858; gest. Wien, 2. 5. 1920.

Sohn eines Off.; trat nach Absolv. der Staats-Oberrealschule zu Marburg (Maribor) in die Techn. Militärakad. in Wien ein und wurde 1879 als Lt. zum Feldart.Rgt. 6 assentiert, 1884 Oblt., 1889 Hptm., 1895 Mjr., 1897 Obstlt., 1900 Obst., 1907 GM, 1915 FZM und trat 1919 i. R. S. absolv. 1882–84 den Höheren Art.-Kurs, wurde 1885 dem Gen.Stab zugeteilt und 1889 definitiv in das Gen.Stabskorps übernommen. 1894–95 fungierte er als Lehrer für Taktik an der Kriegsschule in Wien und stand ab 1900 dem Telegraphen-Bureau des Gen.Stabs in Wien vor, ab 1905 auch der mit diesem verbundenen, neugegründeten Abt. 5/TB (Post- und Telegraphenwesen) des Kriegsmin. Als inzwischen allg. anerkannter Experte für Verkehrswesen und Kommunikationstechnik leitete er während dieser Jahre mehrere Gen.Stabsbzw. Fachinspektionsreisen, nahm als Schiedsrichter an verschiedenen Manövern teil und wurde 1903 sowie 1905 vom Kriegsmin. zu internationalen Fachkongressen nach London entsendet. Ab 1907 kommandierte er die 93. Inf.Brig. in Wien, übernahm jedoch schon zwei Jahre später das Kmdo. über die neuerrichtete Verkehrstruppenbrig., der auch die Luftfahrt unterstand. Sein Adj. war der später am Ausbau der Luftstreitkräfte maßgeblich beteiligte A. Löhr (s. d.). 1913 als Sektionschef zur Leitung der techn. Sektion des Kriegsmin. berufen, stand er ab Kriegsbeginn 1914 daneben dem zur Abwehr staatsfeindlicher Aktivitäten im Rahmen des Kriegsmin. eingerichteten Kriegsüberwachungsamt vor. 1916 als Eisenbahnminister im Gespräch gewesen und noch im Juni 1917 für einen neu zu schaffenden Posten eines Generalinsp. für die Verkehrs- und Telegraphentruppen vorgesehen, wurde er zu Anfang August 1917, möglicherweise in Zusammenhang mit einer größeren Personalverschiebung, zur Disposition des Armeeoberkmdt. gestellt. Ab März 1918 techn. Referent K. Karls (s. d.), hatte er infolge mangelnder Akzeptanz seitens maßgeblicher militär. Dienststellen mit Schwierigkeiten zu kämpfen. S., als Vortragender und Fachschriftsteller tätig, widmete sich techn. Problemen des Geschütz- und Nachrichtenwesens, führte die Funkentelegraphie bei der Armee ein, förderte den Ausbau des Militärflugwesens. Dabei konnte er eine Neuorganisation der Militäraeronaut. Anstalt erreichen, die im wesentlichen auf die Verwendung von Ballons ausgerichtet gewesen war, während er die höhere techn. und militär. Effizienz von Luftschiffen und Flugzeugen sah. Auch privat galt sein bes. Interesse der Luftfahrt. 1908 gründete er gem. mit Otto Frh. v. Czedik den Ver. „Flugmaschine“, der sich 1909 mit dem 1888 gegründeten Wr. Flugtechn. Ver. zum Österr. Flugtechn. Ver. zusammenschloß; S. wurde zu dessen Präs. gewählt und machte sich in der Folge um diese Vereinigung hochverdient, u. a. 1909 bei der Errichtung des ersten offiziellen österr. Flugfeldes in Wr. Neustadt. Auch in nichtmilitär. Kreisen bekannt und geschätzt, wurde S. vielfach geehrt, u. a. 1911 Ehrenpräs. des Österr. Flugtechn. Ver., 1916 Geh. Rat und Dr. h. c. der Techn. Hochschule Wien, 1912 nob. und 1918 Frh. Er hatte maßgeblichen Anteil an Organisation sowie Weiterentwicklung der Luftschifffahrt- und Kraftwagentruppen, förderte während des Ersten Weltkriegs die Anwendung der Elektrotechnik (Radiotelegraphie) und sorgte für die Beschaffung von Kriegsmaterial aus dem Ausland.


Literatur: N. Fr. Pr. vom 3. 5. 1920; Österr. Flug-Z., 1913, S. 47; F. Hinterstoisser, in: Der Flug, 1920, n. 5, S. I (mit Bild); E. Peter, in: Österr. Militär. Z., 1965, Sonderh, 1, S. 52f.; Duschnitz-Hoffmann (Generalität), S. 58; J. Schilter, in: Die Wehrmacht der Monarchie 1, 1914, S. 112; H. Loew, Österr. Pioniere der Luftfahrt, (1953), S. 178, 207f.; K. Peters, Zur Entwicklung der österr.-ung. Militär-Luftfahrt von den Anfängen bis Ende 1915, phil. Diss. Wien, 1971, bes. S. 32, 35; W. Wagner, in: Die Habsburgermonarchie 1848–1918, hrsg. von A. Wandruszka und P. Urbanitsch, 5, 1987, S. 473f.; Haus-, Hofund Staatsarchiv, KA, beide Wien; Mitt. L. Kammerhofer, Wien.
Autor: (Ch. Tepperberg)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 48, 1992), S. 202
geboren in Königgrätz
gestorben in Wien

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