Schaukal, Richard von

Schaukai Richard von, Schriftsteller und Beamter. * Brünn (Brno), 27. 5. 1874; † Wien, 10. 10. 1942.

Entstammte einer dt.-tschech. Kaufmannsfamilie; stud. 1892–97 an der Univ. Wien Jus, 1898 Dr. jur. Nach Reisen (Frankreich, England und Italien) trat er 1897 bei der Statthalterei Brünn in den Verwaltungsdienst ein, war ab 1899 an der Bez.auptmannschaft in Mähr.-Weißkirchen (Hranice) tätig, ab 1903 im Ministerratspräsidium in Wien, 1908 Ministerialsekretär im Min. für öff. Arbeiten, 1909 Sektionsrat, 1913 Min.Rat., Mai 1918 nob.; 1919 i. R. (1926 Titel Sektionschef), widmete er sich ganz seiner literar. und publizist. Tätigkeit. S.s lyr. Begabung machte sich schon in seiner Gymnasialzeit bemerkbar, ab 1890 erschienen seine Ged. in lokalen Z., 1893 folgte der erste Sammelbd., „Gedichte“, der seinen Ruf als Lyriker begründete. 1914–18 trat er mit propagandist. Kriegslyrik und Essays hervor; nach 1918 wandte er sich verstärkt der Idee vom „habsburgischen Mythos“ und dem polit. Katholizismus zu, so als Mitarbeiter einschlägiger Z. und Ztg., wie „Das Gewissen“, „Der Gral“, „Hochland“, „Schönere Zukunft“ und „Reichspost“. S.s Bekenntnis zuÖsterr. stand stets im Zeichen einer habsburg.-monarchist. Gesinnung, begleitet von autoritären Prinzipien. Die Republik, Demokratie und Parlamentarismus lehnte er ab, wie seine „Erkenntnisse und Betrachtungen“ (1934) belegen. Dazu kam ein lebensphilosoph. Irrationalismus, der auch verschiedene Ausfälle gegen literar. z. Tl. erfolgreichere Zeitgenossen, wie Th. Mann, prägte. Einzelne negative Wertungen (über Schnitzler, Zweig, Wassermann) weisen antisemit. Züge auf. In Briefen, Essays und autobiograph. Schriften bekennt sich S. trotz Wertschätzung einzelner Denker und Dichter jüd. Herkunft (K. Kraus, s. d., Montaigne, Heine, Offenbach) zum Antisemitismus kath. Prägung. Dem Rückzug ins Private in den 20er Jahren folgten ab 1930 wieder betont polit. Stellungnahmen. S. lehnte z. B. den Anschlußgedanken und den Nationalsozialismus klar ab (Polemik mit W. Vesper, 1933/34), arbeitete zugleich aber an Z. wie „Deutsches Volkstum“ (bis 1932) mit. Ab 1933 war S. im Umfeld der austrofaschist. Kulturpolitik (Mitarbeit am „Christlichen Ständestaat“) tätig, lehnte jedoch das Konzept von Österr. dt. Sendung zugunsten eines übernationalen „Bollwerks der Tradition“ ab. 1936 war er als Staatspreiskandidat im Gespräch. S.s Gesamtwerk umfaßt zahlreiche Lyrikbde., erzählende und aphorist. Prosa, Übersetzungen, Essays und literar. Kritik; bes. die Lyrik zeichnet sich durch hohes Formbewußtsein aus. Sein Schaffenshöhepunkt liegt um die Jh. Wende bis 1907/08. Die frühe Lyrik ist z. Tl. Heine und Dehmel, z. Tl. dem französ. Symbolismus verpflichtet. Sie zielt auf „Impressionen aus dem gelebten Leben“, das sich vorwiegend in den Stimmungen vermittelt. Rilkes (s. d.) Kritik des Artifiziellen am Beispiel der „Ausgewählten Gedichte“, 1904, suchte S. mit dem „Buch der Seele“ (1908) zu widerlegen, das zugleich Höhepunkt und Grenzen seiner Lyrik ausdrückt. Ab 1914 erfolgte ein Rückfall in platte Kriegslyrik (bes. „Eherne Sonette“, 1914 und 1915 mehrfach aufgelegt und erweitert). Die späteren Ged.Bde. fanden wenig Resonanz, so auch der formal schlichte und zeitlich übergreifende Auswahlbd. „Herbsthöhe“ (1933). Bemerkenswert sind S.s Übertragungen aus dem Französ. (Flaubert, Merimée, Verlaine, d’Aurevilly etc.). Ab 1900 trat S. auch mit Kurzprosa, Novellen und autobiograph. Bekenntnissen hervor. Die Lebens- und Kunstproblematik der Jh. Wende und z. Tl. klischeehafte gesellschaftliche Rollenbilder stehen im Mittelpunkt dieser Texte, die stilist. an Schnitzler, vom Problemhorizont an Dörmann (s. Biedermann) angelehnt sind. Zahlreiche No


Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 46, 1990), S. 50f.
geboren in Brünn
gestorben in Wien
war in Kontakt mit Jung-Wien (Literatur)

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