Salvotti von Eichenkraft und Bindeburg, Anton Frh.

Salvotti von Eichenkraft und Bindeburg Anton Frh., Jurist. * Binde b. Mori (Monvecchio, Trentino), 10. 11. 1789; † Trient, 17. 8. 1866.

Sohn eines Gewerbetreibenden; stud. Jus an den Univ. Innsbruck (1807/1808), Landshut und Pavia (1810 Dr. jur.). Anschließend Gerichtspraxis in Mailand, 1815 LGR in Trient, 1819 Assessor beim Appellationsgericht Venedig, 1822 Appellationsrat in Mailand. Als Untersuchungsrichter in polit. bedeutenden Strafprozessen gegen Mitgl. des Geheimbundes der Carbonari (u. a. gegen Pellico, s. d.) war er derartigen Anfeindungen ausgesetzt, daß er in Verona, wo er ab 1824 als HR des dortigen Senates der Obersten Justizstelle wirkte, schließlich untragbar wurde. Da eine Verwendung bei der Obersten Justizstelle in Wien wegen seiner unzulänglichen Beherrschung der dt. Sprache nicht in Betracht kam, erhielt S. 1846 den eigens für ihn geschaffenen Posten des Vizepräs, des Appellationsgerichtes in Innsbruck. 1849 Vorsitzender des italien. Senates des Innsbrucker Oberlandesgerichtes in Trient, wurde S. 1851 in den Reichsrat in Wien berufen, wo er maßgeblich an der Entstehung des Außerstreitgesetzes, 1854, beteiligt war. 1861 i. R. 1846 nob., 1847 Geh. Rat, 1854 Frh. S., ein Schüler Savignys und ein profunder Kenner des in- und ausländ. Rechts, setzte sich schon 1825 – allerdings vergeblich – für die Öffentlichkeit des gerichtlichen Verfahrens ein. Er zählte zu jenen aus dem italien.sprachigen Teil Tirols gebürtigen Beamten, denen das hohe Niveau der österr. Gerichtsbarkeit und Verwaltung in Lombardo-Venetien zu danken war, die aber wegen ihrer streng kaisertreuen Gesinnung von ihren Landsleuten als Renegaten betrachtet wurden. Noch 1859 verteidigte S. in einem Brief die Notwendigkeit des Verbleibens der italien. Landesteile im Verbande des österr. Kaiserstaates. Umso tragischer war für ihn, daß sich sein ältester Sohn, Scipione S. (1830–83), Arzt und Schriftsteller, Verfechter nationalliberaler Ideen, dem italien. Irredentismus zugewandt hatte. S.s Frau Anna, geb. v. Fratnik (1790–1837), war eine begabte Malerin.


Literatur: Tiroler Stimmen vom 23. 8., Gazzetta di Trento vom 1. 9. 1866; N. Fr. Pr. vom 21. 9. 1902 und 16. 4. 1911; L’Alto Adige vom 11./12. 5. 1911; E. Hoffmann,Aus der Geschichte des tirol. Appellationsgerichtes, in: Österr. Juristen-Ztg. 10, 1955. S. 577ff.; B. König. Beitrr. zur Entstehungsgeschichte des AußStrG 1854, in:Österr. Riehterzig. 57, 1979, S. 51f.; ADB, Enc. It.; Kosch, Kath. Deutschland; Memorie Agiati, s. Reg.; Wurzbach; A. Mages v. Kompillan, Die Justizverwaltung in Tirol und Vorarlberg in den letzten 100 Jahren, 1887, S. 206; M. F. v. Maasburg, Geschichte der obersten Justizstelle in Wien (1749–1848), 1891, S. 255 ff.; F. Ambrosi, Scrittori ed artisti trentini, 2. Aufl. 1894, S. 229; J. A. ¿. Helfert, K. Franz I. ¿. Österr. und die Stiftung des Lombardo-Venetian. Kg.Reiches ( = Quellen und Forschungen zur Geschichte, Litteratur und Sprache Österr. und seiner Kronländer 7), 1901, s. Reg.; A. Luzio, Il processo Pellico-Maroncelli . . ., 1903, S. 131 ff., 211 ff., 539 ff.; R. Huch, Das Leben des Gf. F. Confalonieri, 1911; dies., Menschen und Schicksale aus dem Risorgimento, 1918, S. 129 ff.; A. Luzio, A. S. e i processi del ventuno, in: A. Luzio, Studi critici, 1927; A. Stoll, F. K. v. Savigny. Ein Bild seines Lebens mit einer Smlg. seiner Briefe 1–3, 1927–39, s. Reg.; F. Brandl,Staatsprozesse, (1953), S. 434 ff.; H. Kramer, Österr. und das Risorgimento ( =Österr.-R. 222/224), (1963), s. Reg.; ders., Tirol und das Risorgimento, in: Beitrr. zur Geschichte Tirols, 1971, S. 325; Grande Dizionario enciclopedico UTET 16, 3. Aufl. (1971).
Autor: (M. Laich)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 45, 1988), S. 398f.
geboren in Mori
gestorben in Trient

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