Richter, Franz

Richter Franz, Politiker, Funktionär und Lehrer. Geb. Jedenspeigen (Niederösterreich), 31. 12. 1849; gest. Witzelsdorf (Niederösterreich), 13. 8. 1922; röm.-kath.

Sohn eines Gutsverwalters. – Nach Absolvierung des Gymnasiums in Melk studierte R. 1868–71 an der Universität Wien Mathematik und Physik und legte 1873 die Lehramtsprüfung für Real- und Handelsschulen ab. 1873–83 unterrichtete er als Professor für kaufmännische Fächer an der neu begründeten, mit der Landes-Oberrealschule verbundenen Handelsmittelschule in Krems (Krems an der Donau). Auf seine Anregung hin wurde die Handelsmittelschule 1880 in eine zweiklassige Handelsfachschule umgewandelt. R. gründete das Spar- und Vorschusskonsortium Krems des Ersten allgemeinen Beamtenvereins und hatte durch einige Jahre dessen Geschäftsleitung inne. Mehrere Wahlperioden hindurch gehörte er dem Gemeindeausschuss von Krems an, wo er sich v. a. im Finanz- und Wirtschaftsausschuss engagierte. 1883 wurde R. in das Abgeordnetenhaus des Reichsrats gewählt, dafür von seiner Schultätigkeit karenziert und 1897 als Lehrer in den Ruhestand versetzt. Bis 1901 im Reichsrat, wurde er 1884 auch niederösterreichischer Landtagsabgeordneter und fungierte 1896–1902 als Landesausschuss und als Mitglied des Landesschulrats. Als Landesausschuss setzte er die Einfuhr amerikanischer Reben durch und war ab 1897 auch für das Genossenschaftswesen zuständig. Ab 1896 war er Obmann der Deutschen Volkspartei in Niederösterreich und später für deren Kooperation mit der Christlichsozialen Partei mitverantwortlich. R. gehörte 1898 zu den Gründern des Allgemeinen Verbandes landwirtschaftlicher Genossenschaften in Österreich, als dessen erster Generalanwalt er bis 1902 amtierte, ferner leitete er 1899–1903 als Obmann die Niederösterreichische landwirtschaftliche Genossenschafts-Zentralkasse und den Verband ländlicher Genossenschaften in Niederösterreich. Er war mehrfach Mitglied der Reichsrats-Delegation, langjähriger Gemeindeausschuss der Stadt Krems, Obmann des Niederösterreichischen Winzerhauses und Mitglied der Zentralkommission für Reblausangelegenheiten. R. trat für den Ausbau der Marchfeldschutzdämme ein, initiierte den Bau zahlreicher niederösterreichischer Lokalbahnen und fungierte einige Jahre hindurch auch als dessen Geschäftsführer. 1901 wurde er mit dem Orden der Eisernen Krone III. Klasse ausgezeichnet.


Literatur: NFP, 27. 9. 1922; Hahn, 1891; G. Kolmer, Das neue Parlament (= Parlamentarisches Jahrbuch 5), 1897; XXXIV. Jahresbericht über die nied.-österr. Landes-Oberrealschule und die mit derselben verbundene Landes-Handelsschule in Krems ... 1897, 1897, S. 36f.; R. Muttenthaler, Die Anfänge landwirtschaftlicher Genossenschaften, phil. Diss. Wien, 1987, S. 413; Raiffeisen in Österreich, ed. E. Bruckmüller – W. Werner, 1998, bes. S. 53, 330; E. Lebensaft – Ch. Mentschl, Feudalherren – Bauern – Funktionäre. Österreichs Agrarelite im 20. Jahrhundert, 2003; O. Krause, Biographisches Handbuch des NÖ Landtages 1861–1921, 2005; Pfarramt Orth an der Donau, Niederösterreich; UA, Wien.
Autor: (E. Lebensaft – Ch. Mentschl)
Referenz: ÖBL Online-Edition, Bd. (Lfg. 1, 2011)
geboren in Jedenspeigen
gestorben in Witzelsdorf

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