Pereira-Arnstein, Henriette Freifrau von

Pereira-Arnstein Henriette (Judith) Freifrau von, geb. Freiin v. Arnstein, Mäzenatin. * Berlin, 29. 11. 1780; † Wien, 13. 5. 1859.

Tochter des Bankiers Nathan Adam Frh. v. Arnstein, Mutter des Folgenden, Großmutter des Gutsbesitzers und Politikers Viktor Frh. v. P. A. (s. d.), ab 1802 Gattin des Bankiers Heinrich Frh. v. P.-A. (1773–1835), der ab 1800 in Wien lebte und in Wien I., Bräunerstr. 9, ein Bankhaus besaß; führte die von ihrer Mutter, Franziska (Fanny) Freifrau v. Arnstein (* Berlin, 29. 11. 1758; † Wien-Braunhirschen, 8. 6. 1818), in Wien zur Blüte gebrachte Tradition des literar.-musikal. Salons weiter. Während diese jedoch ganz im Stil der großen Pariser und Berliner Soireen ihr Haus, bes. zur Zeit des Wr. Kongresses, auch zu einem Sammelpunkt des diplomat. und polit. Lebens gemacht hatte, entsprachen P.-A.s Ges., über die sie auch ein kulturgeschichtlich wertvolles Tagebuch führte, mehr dem intimen, ungezwungenen Charakter des Wr. Biedermeier. In ihrem Haus verkehrten u. a. Brentano, Grillparzer (s. d.), Stifter, Thorvaldsen, Beethoven (s. d.) und Mendelssohn-Bartholdy. Gleich ihrer Mutter, die zu den Gründungsmitgl. der Ges. der Musikfreunde des österr. Kaiserstaates gehört hatte, war P.-A., als Schülerin Clementis eine gefeierte Pianistin und mit J. Haydn in dessen letzten Lebensjahren bekannt, musikal. sehr interessiert. Oberleiterin des Marienspitals in Baden b. Wien, war sie, wie ihre Mutter, vielseitig caritativ tätig. Die bleibende Bedeutung P.-A.s liegt aber in ihrer tiefen Freundschaft zu dem Dichter Th. Körner, dessen Liederzyklus „Leier und Schwert“ für sie bestimmt war.


Literatur: Die Presse vom 2. 6. 1962; Mitt. zur jüd. Volkskde., Jg. 13, 1910, Nachtrag, S. 5 f., 9 ff.; M. Kayserling, Die Jüd. Frauen in der Geschichte, Literatur und Kunst, 1879, S. 221 ff.; H. Jäger-Sunstenau, Die geadelten Judenfamilien im vormärzlichen Wien, phil. Diss. Wien, 1950, S. 40, 98, 160 f.; Weimarer hist.-genealog. Taschenbuch des gesamten Adels jehud. Ursprunges, 1913; Gotha, Frh., 1871–1931; Groner (s. unter Heinrich P.); Bemerkungen oder Briefe über Wien . . ., 1804, S. 72 ff.; F. Franzl, Die Ges. adeliger Frauen zur Beförderung des Guten und Nützlichen in Wien, . . ., 1836, S. 9, 12 f.; Th. Körners Briefwechsel mit den Seinen, hrsg. von A. Weldler-Steinberg, 1910, s. Reg.; C. Pichler, Denkwürdigkeiten aus meinem Leben, hrsg. von E. K. Blümml, in: Denkwürdigkeiten aus Altösterr., Bd. 5–6, 1914, s. Reg.; J. F. Reichardt, Vertraute Briefe . . ., hrsg. von G. Gugitz, ebenda, Bd. 15–16, 1915, s. Reg.; O. v. Goethe, Tagebücher und Briefe . . ., Bd. 1, 1962, s. Reg.; H. Spiel, Fanny v. Arnstein oder Die Emanzipation, 1962, s Reg.; dies., Jewish Women in Austrian Culture, in: The Jews of Austria, hrsg. von J. Fraenkel, 1967, S. 101 f. Franziska v. Arnstein: H. Spiel, Fanny v. Arnstein oder Die Emanzipation, 1962 (mit Bibliographie).
Autor: (H. Reitterer)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 7 (Lfg. 35, 1978), S. 414
geboren in Berlin
gestorben in Wien

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