Perntner, Josef Maria

Perntner Josef Maria, Meteorologe. * Neumarkt (Südtirol), 15. 3. 1848; † Arco (Trentino), 20. 12. 1908.

Sohn eines Gutsbesitzers; war ab 1864 im Jesuitenorden (Stud. in St. Andrä i. L. und Preßburg), den er 1877 aus gesundheitlichen Gründen verlassen mußte; er stud. 1877/78 an der Univ. Innsbruck und 1878–82 an der Univ. Wien Mathematik und Physik, 1882 Dr. phil. 1878 kam er als Volontär an die Zentralanstalt für Meteorol. und Erdmagnetismus, an der er 1880 Ass. und 1884 Adjunkt wurde. 1885 Habil. als Priv.Doz. für Meteorol. an der Univ. Wien, 1890 ao. Prof.; 1892 o. Prof. der kosm. Physik an der Univ. Innsbruck. 1897 kam er als Nachfolger von Hann (s. d.) als Prof. der Physik der Erde an die Univ. Wien und wurde hier auch mit der Leitung der Zentralanstalt für Meteorol. und Erdmagnetismus betraut. Schon in der Periode seiner ersten Tätigkeit an der Zentralanstalt und noch mehr an der Univ. Innsbruck beschäftigte sich P. mit alpinmeteorolog. Problemen und Beobachtungen. 1881 unternahm er eine Expedition auf den Obir zur Untersuchung der Höhenabhängigkeit der Psychrometerkonstante. 1888 unternahm er auch eine Expedition auf den Sonnblick, bei der auf dem Bergobservatorium und in Rauris die ersten Einstrahlungs- und Ausstrahlungsmessungen, Messungen der Polarisation des Himmelslichtes und Szintillationsbeobachtungen durchgeführt wurden. In Innsbruck führte er Untersuchungen des Föhns, seiner klimat. Auswirkung und seiner Ursache durch und behandelte in einigen Untersuchungen auch die Tages- und Jahrgänge des Luftdrucks und des Windes. Bes. Interesse widmete P. stets den atmosphär. Lichterscheinungen, wozu ihn vor allem die als Folge des großen Krakatau-Ausbruches aufgetretenen opt. Erscheinungen anregten. Seine diesbezüglichen Arbeiten betreffen die Farben und Theorie des Regenbogens, die blaue Farbe des Himmels, die Theorie des Bishopschen Ringes und des ersten Purpurlichtes sowie die Bedeutung der Beugung des Lichtes in der Atmosphäre. Sein Haupt- und Lebenswerk stellt die „Meteorologische Optik“ dar, in dem P. die damaligen Kenntnisse auf diesem Gebiete zum erstenmal zusammenfaßte, zahlreiche Lücken füllte und eine Systematik der Darstellung dieses Wissensgebietes schuf. Mit außerordentlicher Tatkraft widmete sich P. als Dir. der Zentralanstalt deren Reorganisation. Als durch die Linienführung der elektr. Straßenbahn die magnet. Registrierungen gestört wurden und der erdmagnet. Dienst eingestellt werden mußte, wurde 1904 der Erdbebendienst, der bis dahin von der Akad. der Wiss. betreut worden war, als seism. Dienst (als weitere Abt.) in die Zentralanstalt übernommen und diese, der neuen Aufgabe entsprechend, in Zentralanstalt für Meteorol. und Geodynamik umbenannt. P. förderte tatkräftig den prakt. Wetterdienst und war bemüht, die Ergebnisse meteorolog. Forschungen (1902 Abhaltung einer internationalen Expertenkonferenz in Graz zur Prüfung der Wirkungsweise des Wetterschießens) prakt. zu nutzen.


Werke: Über den täglichen und jährlichen Gang des Luftdrucks auf Berggipfeln und in Gebirgstälern, in: Sbb. Wien, math.-nat. Kl., Bd. 84, Abt. 2a, 1881; Psychrometerstud., ebenda, Bd: 87, Abt. 2a, 1883; Messungen der Ausstrahlung auf dem Hohen Sonnblick, ebenda, Bd. 97, Abt. 2a, 1888; Der Krakatau-Ausbruch und seine Folgeerscheinungen, in: Meteorolog. Z. 6, 1889; Zur Theorie des Bishopschen Ringes, ebenda, 6, 1889; Die Windverhältnisse auf dem Sonnblick und einigen anderen Gipfelstationen, in: Denkschriften Wien, math.-nat. Kl., Bd. 58, 1891; Zur Erklärung des täglichen Ganges der Windgeschwindigkeit, in: Sbb. Wien, math.-nat. Kl., Bd. 102, Abt. 2a, 1893; Über die Häufigkeit, die Dauer und die meteorolog. Eigenschaften des Föhns in Innsbruck, ebenda, Bd. 104, Abt. 2a, 1895; Die allg. Luftdruckverteilung und die Gradienten beim Föhn, ebenda, Bd. 105, Abt. 2a, 1896; Die Farben des Regenbogens und der Weisse Regenbogen, ebenda, Bd. 106, Abt. 2a, 1897; Untersuchungen über das Wetterschießen, in: Meteorolog. Z. 17, 1900; Untersuchungen über die Polarisation des Lichtes in trüben Medien und des Himmelslichtes mit Rücksicht auf die Erklärung der blauen Farbe des Himmels, in: Denkschriften Wien, math.-nat. Kl., Bd. 73, 1901; Die Geschichte der k. k. Zentralanstalt für Meteorol. und Erdmagnetismus, ebenda, Bd. 73, 1901; Voraussetzungslose Forschung, freie Wiss. und Katholicismus, 1902; Meteorolog. Optik, 4 Tle., 4. Tl. ergänzt von F. M. Exner, 1902–10, 2. Aufl. 1922; Die tägliche telegraph. Wetterprognose in Österr., 1904, 2. Aufl. 1907; etc.
Literatur: N. Fr. Pr. vom 21. 12. 1908; Dolomiten vom 20. 12. 1958; Almanach Wien, 1909; Meteorolog. Z. 26, 1909, S. 193 ff.; Feierl. Inauguration, 1909/10; Der Schlern, Bd. 22, 1948, S. 397 f.; Poggendorff 3–5; Tiroler Ehrenkranz, hrsg. von A. Lanner, 1925, S. 223 f.; Kosch, Das kath. Deutschland; Biograph. Jb., 1910; Die Fächer Mathematik, Physik und Chemie an der phil. Fak. zu Innsbruck bis 1945, in: Veröff. der Univ. Innsbruck, Bd. 66, hrsg. von F. Huter, 1971, S. 134 ff.; H. Ficker, Die Zentralanstalt für Meteorol. und Geodynamik in Wien 1851–1951, in: Denkschriften Wien, math.-nat. Kl., Bd. 109, 1955, S. 5 ff., 19 f.; N. Waniek, Geschichtlicher Grundriß des österr. Anteils am Aufbau der Meteorol., phil. Diss. Wien, 1951, S. 119 ff.; Provinzarchiv der Ges. Jesu, Wien; Mitt. G. Oberkofler, Innsbruck.
Autor: (F. Steinhauser)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 7 (Lfg. 35, 1978), S. 428f.
geboren in Neumarkt
gestorben in Arco

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