Oberhummer, Eugen

Oberhummer Eugen, Geograph. * München, 29. 3. 1859; † Wien, 4. 5. 1944.

Stud. an der Univ. München ab 1877 zunächst Naturwiss., aber auch klass. Philol. bei Bursian und an der Techn. Hochschule Geographie und Geol. 1882 Dr. phil. summa cum laude. Nach weiteren Stud. an den Univ. München (ägypt. Altertumskde.) und Berlin (röm. Geschichte bei Mommsen) unternahm O. Reisen durch Deutschland, Österr., Italien und erstmals nach Griechenland. Weitere Reisen führten ihn nach Ägypten, Jaffa, Jerusalem, zum Toten Meer, nach Damaskus, Beirut, Cypern, Griechenland und Konstantinopel. 1887 Habil. für alte Geschichte und hist. Geographie an der Univ. München. Bald ging O. von der alten Geschichte ganz zur Geographie über, sodaß er 1892 die neuerrichtete ao. Professur für dieses Fach an der Univ. München erhielt. 1902–30 war er o. Prof. der hist. und polit. Geographie an der Univ. Wien. Wie sein Vorgänger Tomaschek gehörte O. zu jenem Kreis akadem. Geographen, die von anderen Wiss. gekommen waren und an der Univ. noch keine geograph. Ausbildung erhalten hatten. Drei große Reisen führten ihn in die USA (1904), wo er an verschiedenen Univ. Vorlesungen hielt, nach Kanada (1910) und Mexiko (1912). 1926/1927 nahm er als Vertreter Österr. an einer Studienreise amerikanischer Univ. um die Erde teil. O.s Bedeutung lag im Ausbau der hist. Geographie durch Heranziehung der abendländ. und oriental. Quellen und später im Hervorheben der polit. und der Religionsgeographie. Dieser Arbeitsrichtung entsprachen auch ganz die Themen seiner Vorlesungen, z. B. Griechenland und die Türkei mit bes. Berücksichtigung der hist. Geographie, hist. Geographie von Mitteleuropa, Geschichte der Erdkde. und der geograph. Entdeckungen, hist. Geographie von OÖ und Salzburg, Afrika, allg. Geographie des Menschen, Islam und Christentum in ihren geograph. Beziehungen, Religionsgeographie, polit. Geographie. O. wurde vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. 1898 ao. Mitgl. der Bayer. Akad. der Wiss., 1906 korr. Mitgl., 1920 w. Mitgl. der Akad. der Wiss. in Wien, 1908, 1921 und 1927 Präs. der Geograph. Ges. in Wien, ab 1933 deren Ehrenpräs., 1927 Dr. h. c. der Univ. Athen, 1930 Ehrenmitgl. der Royal Geographical Society in London, 1898–1900 Vorsitzender des Zentralausschusses München des DÖAV und 1898–1903 Vorsitzender der Geograph. Ges. München.


Werke: Constantinopolis, 1899; Die Entstehung der Alpenkarten, in: Z.-DÖAV 32, 1901; Die Entwicklung der Alpenkarten im 19. Jh., ebenda, 33–36, 1902–05; Die Insel Cypern. Eine Landeskde. auf hist. Grundlage, 1903; Österr.-Ungarn im Kartenbild der Renaissance, in: Mitt. der Geograph. Ges. in Wien 50, 1907; Eine Reise nach Griechenland, ebenda, 54, 1911; Eisernes Tor, ebenda, 59, 1916; Die Brixener Globen vor 1522 . . ., in: Denkschriften Wien, phil.-hist. Kl., Bd. 67, 1926; Siam. Eindrücke und Stud., in: Mitt. der Geograph. Ges. in Wien 72, 1929; „Austria“ und „Australia“, in: Festschrift der 57. Versammlung Dt. Philologen in Salzburg, 1929; Geographie und Sprachenkde., in: H. Wagner-Gedächtnisschrift, 1930; Österr. und Australien, in: Mitt. der Geograph. Ges. in Wien 76, 1933; Österr. Polarforschung, ebenda, 77, 1934; Die Weltreligionen, in: K. Haushofer, Raumüberwindende Mächte, 1934; Armen. Geographie, in: Mitt. der Geograph. Ges. in Wien 79, 1936; China im hist. Kartenbild, ebenda, 80, 1937; Deutschland und die Erdkde., ebenda, 83, 1940; Die ältesten Karten von Deutschland, ebenda, 84, 1941; Erinnerungen an berühmte Forscher, ebenda, 84, 1941; Cypern und England, ebenda, 85, 1942; Venezian. Weltkarten des 16. Jh., ebenda, 85, 1942; etc. Hrsg.: Aventins Karte von Bayern 1523, 1899; Wolfgang Lazius, Karten der österr. Lande und des Königreiches Ungarn aus den Jahren 1545–63, gem. mit F. v. Wieser, 1906; Die Weltkarte des Pierre Desceliers 1553, 1926.
Literatur: N. Fr. Pr. vom 3. 5. 1903, 22. 2. 1911, 20. 11. 1914, 18. 3. 1916; Feierl. Inauguration, 1943/44; Almanach Wien, 1944; E. O., Veröff. Schriften 1881–1919, 1919 (Bibliographie); Kürschner, Gel. Kal., 1925–1940/41; Wer ist Wer?; Wer ist’s? 1905–35; E. Bernleithner, 600 Jahre Geographie an der Wr. Univ., in: Stud. zur Geschichte der Univ. Wien 8, 1965, S. 109.
Autor: (E. Bernleithner)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 7 (Lfg. 32, 1976), S. 185f.
geboren in München
gestorben in Wien

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