Niedergesäß, Robert

Niedergesäß Robert, Pädagoge. * Fuchsmühl (Lisiec, preuß. Schlesien), 21. 12. 1829; † Treitl b. Edlitz (NÖ), 22. 8. 1887.

Stud. 1847–50 am Lehrerseminar in Bunzlau, war 1850–55 Hilfslehrer in Großhartmannsdorf, 1855/56 Lehrer am Landes-Taubstummeninst. in Breslau, 1856–60 Lehrer am jüd. Taubstummeninst. in Wien-Meidling. 1861 legte N. die Lehrerprüfung für Volksschulen an der Normalhauptschule zu St. Anna in Wien I. ab und errichtete im gleichen Jahr eine Privatvolksschule in Wien-Penzing, die er 1864 zu einer Privathauptschule und „Knaben-Erziehungsanstalt für Penzing und Umgebung“ erweitern konnte. Sie erhielt 1866 Öffentlichkeitsrecht. 1868 wurde N. Übungsschullehrer an der Lehrerbildungsanstalt in Wien. 1869 Bez.Schulinsp. für Wien-Hernals, wurde ihm die Errichtung einer Lehrerinnenbildungsanstalt, der ersten in Wien, übertragen. 1870 wurde er zum Bez.Schulinsp. für Wien-Leopoldstadt ernannt, gleichzeitig war er Dir. der von ihm gegründeten Anstalt. 1870 wurde er auch Mitgl. der Prüfungskomm. für Volks- und Bürgerschulen, 1873 leitete er die Arbeitsgruppe „Unterrichtsmittel“ in der großen österr. Unterrichtsausst. 1875 wurde N. Landesschulinsp. im niederösterr. Landesschulrat. 1877 Schulrat und Dir. der für die Entwicklung des österr. Schulwesens bedeutenden Lehrerbildungsanstalt in Wien. N. war Mitautor der neuen Lehrpläne für die Volksschule, Bürgerschule und Lehrerbildungsanstalt (ab 1869), Verfasser des Organisationsstatuts der Lehrerbildungsanstalt und damit einer der Väter der österr. Lehrerbildung überhaupt, wobei er erfolgreich versuchte, das fachliche Niveau der Lehrerbildung zu heben und die Schulpraxis auf die sich mehrenden Kenntnisse der einschlägigen Wiss. zu gründen. N. entfaltete eine rege publizist. Tätigkeit, vor allem im „Österreichischen Schulboten“, der damals führenden österr. pädagog. Z., die er mehrere Jahre bis 1874 red. Der Reform der Volksschullehrbefähigungsprüfung gab er wertvolle Impulse, indem er sie von einer rein fachlich-wiss. Prüfung zu einer vornehmlich schulprakt. umgestaltete. N. nahm wesentlichen Anteil an der Durchführung des 1869 erlassenen Reichsvolksschulgesetzes, der zweiten österr. Schulreform, und stand damit am Ausgangspunkt der Entwicklung des modernen österr. Schulwesens.


Werke: Dt. Lesebuch für Bürgerschulen, 1871; Die Anfänge der Erziehungslehre, 1873; Dt. Lesebuch für die österr. Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten, 1877; Geschichte der Pädagogik mit bes. Berücksichtigung der Volksschule Österr., 1880; Leitfaden der speziellen Methodik für den Unterricht in der Elementarkl., 1881; Leitfaden der Geschichte der Pädagogik mit bes. Berücksichtigung der Volksschule, 1882; Geschichte der Pädagogik in Biographien, Übersichten und Proben aus pädagog. Hauptwerken, 1882, 3. Aufl. 1886; Spezielle Methodik des Unterrichts in der Elementarkl., 1882; Geschichtliche Lehrstoffe für Volks- und Bürgerschule in drei konzentr. Kreisen, 1884; Hdb. für den Anschauungsunterricht, 1885; Orthograph. Wörterbuch, 1886; Allg. Unterrichtslehre, 4. Aufl. 1888. Kinder- und Jugendbücher: Tenne und Speicher, 1873; Was man dem kleinen Volke erzählt, 1875; Zeiten und Menschen, 1880; Am Kamin, 1885; Auf dem Meere, 1886; etc.
Literatur: Wr. Ztg., N. Fr. Pr., Fremden-Bl. und N. Wr. Tagbl. vom 22. 8. 1887; Frisch; Kosch; Kosch, Das kath. Deutschland; R. Gönner, Die österr. Lehrerbildung von der Normalschule bis zur Pädagog. Akad., 1967, S. 152, 157, 183, 201, 318.
Autor: (L. Wech)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 7 (Lfg. 32, 1976), S. 116
geboren in Lisiec
gestorben in Grimmenstein

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