Neumayr, Melchior

Neumayr Melchior, Paläontologe. * München, 24. 10. 1845; † Wien, 29. 1. 1890.

Stud. 1863–67 an der Univ. München als Schüler von Oppel und Gümbel Geol. und Paläontol., dazwischen zwei Semester in Heidelberg bei Benecke und Bunsen, 1867 Dr. phil. 1868 trat er in den Verband der k. k. Geolog. Reichsanstalt in Wien und arbeitete in der Klippenzone der Karpaten, den Nordtiroler Kalkalpen, in Südtirol, Dalmatien, Slawonien und Siebenbürgen. 1872 Habil. an der Univ. Heidelberg. 1873 wurde N. ao. Prof. an der neuerrichteten Lehrkanzel für Paläontol. der Univ. Wien (Gründung des Paläontolog. Inst.). 1879 o. Prof. Das Lebenswerk N.s ist, gemessen an seiner kurzen Lebenszeit, von seltener Größe und Vielseitigkeit. Von den Foraminiferen bis zu den Säugetieren umfaßte es fast den ganzen Bereich der Paläozool. Schon am Beginn seiner Forschertätigkeit sind als Schwerpunkt die Faunen (bes. Cephalopoden) sowie Stratigraphie und Paläogeographie des Jura, tw. in weltweiter Betrachtung, erkennbar. Bes. erwähnenswert sind daneben bedeutende Stud. über Ammoniten der Kreide. Zahlreiche Arbeiten behandeln jungtertiäre Faunen Osteuropas und des Orients. Berühmtheit erlangte sein auch von Darwin anerkannter Versuch, die jungpliozänen Viviparen (Süßwasserschnecken) Slawoniens und der Insel Kos in stammesgeschichtlichen Formenreihen anzuordnen. N. war ein entschiedener Vertreter des Evolutionsgedankens. Unter seinen 115 Publ. finden sich immer wieder solche, die seine enge Beziehung zur Geol. dokumentieren. Als Hauptwerk sind die zweibändige „Erdgeschichte“ und die infolge seines frühen Todes unvollendeten „Stämme des Thierreiches“ anzuführen. Viele wichtige Erkenntnisse, die in Einzelarbeiten keinen Niederschlag fanden, sind dort enthalten. Die „Stämme des Thierreiches“ haben bes. wegen N.s modernen stammesgeschichtlichen Vorstellungen Beachtung gefunden. Erwähnenswert ist auch seine Tätigkeit als Hrsg. Mit J. A. E. v. Mojsisovics (s. d.) begründete er die „Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns und des Orients“, ab 1887 war er Schriftleiter der „Palaeontographica“. Eine ganze Generation bedeutender Geologen und Paläontologen zählte an der Univ. zu seinen Schülern. 1882 korr. Mitgl. der Akad. der Wiss. in Wien.


Werke: Erdgeschichte, 2 Bde., 1886–87; Die Stämme des Thierreiches 1, 1889; zahlreiche Abhh. in Sbb. Wien, Denkschriften Wien, math.-nat. Kl. und Jb., Abhh. und Verhh. der Geolog. Reichsanstalt. Hrsg.: Beitrr. zur Paläontol. Österr.-Ungarns und des Orients, 1880 ff. Red.: Palaeontographica, 1887 ff.
Literatur: Münchener Neueste Nachr. vom 7. 2. 1890; Mitt. DÖAV, 1890, S. 38 ff.; Almanach Wien, 1890; Jb. der Geolog. Reichsanstalt 40, 1890, S. 1 ff.; Ver. zur Verbreitung naturwiss. Kenntnisse in Wien 30, 1890, S. 313 ff.; H. Zapfe, Index palaeontologicorum Austriae, in: Catalogus fossilium Austriae, H. 15, 1971, S. 80; Österr. Naturforscher, Ärzte und Techniker, 1957, S. 75 ff.; Poggendorff 3–4; Enc. Jug.
Autor: (H. Zapfe)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 7 (Lfg. 31, 1976), S. 88
geboren in München
gestorben in Wien

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