Lorenz, Emil

Lorenz Emil (Franz), Schriftsteller und Lehrer. Geb. Mittel am Steinfeld (Ebenfurth-Haschendorf, Niederösterreich), 15. 2. 1889; gest. Klagenfurt (Kärnten), 10. 2. 1962; röm.-kath.

Sohn eines Feuerwerkers und späteren Beamten; in 1. Ehe 1915–24 mit Maria Seemann verheiratet; Vater von Gerhard Lorenz, Direktor der Kärntner Druck- und Verlagsanstalt, und der Schriftstellerin, Übersetzerin und Lektorin Hertha Lorenz (geb. 1916). – L. absolvierte die Unterstufe des Gymnasiums in Wien, die Oberstufe in Klagenfurt, studierte nach der Matura (1907) Philosophie und klassische Philologie 1908/09 in München und danach in Wien; 1911 Dr. phil. der Universität Wien. 1912 erhielt er die Lehrbefähigung für Philosophie, Griechisch und Latein sowie Deutsch als Nebenfach und unterrichtete ab 1913 als Gymnasiallehrer in Klagenfurt. Daneben setzte er sich intensiv mit der Psychoanalyse auseinander und publizierte in Sigmund Freuds Zeitschrift „Imago. Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften“ (u. a. „Ödipus auf Kolonos“, 1915, „Der Mythus der Erde“, 1922). Im 1. Weltkrieg als Leutnant in Italien im Einsatz, nahm L. danach aktiv am „Kärntner Abwehrkampf“ teil und beteiligte sich im Kreis von Hans Steinacher und →Josef Friedrich Perkonig an der Pressekampagne für die Volksabstimmung. 1920 wurde er Leiter des Kärntner Volksbildungsreferates, kehrte aber 1928 in den Schuldienst an das Gymnasium Klagenfurt zurück. Daneben war er im Kunstverein für Kärnten tätig und publizierte in zahlreichen Printmedien wie „Freie Stimmen“ und „Das Silberboot“. 1923 erschien „Der politische Mythos. Beiträge zur Mythologie der Kultur“ im Internationalen Psychoanalytischen Verlag. Mit Johannes Lindner, Perkonig und Alexander Lernet-Holenia bildete L. einen Freundeskreis, der die Literatur der Moderne in Kärnten repräsentierte. Unter L.s Federführung entstanden der Sammelband „Das kleine Konzert. Ein Buch der Freunde“ (1923) und „Kärntner Almanach auf das Jahr 1924“ (1924) mit Beiträgen u. a. von Perkonig, Lindner und Lernet-Holenia, dessen Konzept er 20 Jahre später mit dem „Kärntner Almanach 1944“ wieder aufgreifen sollte. 1921–30 Mitglied der Großdeutschen Volkspartei, trat er 1933 der NSDAP und dem Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) bei, weshalb er strafweise 1934 nach Knittelfeld versetzt wurde. Er kehrte allerdings nach dem „Anschluss“ 1938 nach Klagenfurt an die 1. Staatliche Oberschule für Jungen zurück (1940 Oberstudienrat). 1939–45 war er Leiter der Reichsschrifttumskammer (RSK) für Kärnten, ferner Gauschrifttumsbeauftragter und Leiter des Gauamtes für Büchereiwesen. 1940 zur Luftwaffe eingezogen und nach Brüssel abkommandiert, stand L. bis 1942, als er schwer verwundet wurde, im Kriegseinsatz; die RSK-Vertretung übernahm in der Zwischenzeit Perkonig. Ab 1943 war er neuerlich als Lehrer tätig, zuletzt Direktor der Oberschule für Mädchen in Klagenfurt. Literarisch erlangte L. als Lyriker in der Tradition von Hölderlin und Rilke einige Bedeutung; sein Hauptwerk „Die Einweihung des Orpheus“ erschien 1943. Nach Kriegsende wegen seiner NS-Vergangenheit aus dem Schuldienst entlassen, wurde L. im Zuge der Minderbelastetenamnestie 1948 pensioniert. Er übersetzte danach philosophische Texte (u. a. „Phaidon oder über die Unsterblichkeit“ von Platon, 1948) und veröffentlichte erst wieder 1959 einen Gedichtband, „Der tönerne Mund“.


Literatur: Giebisch–Gugitz; Kosch (m. W.); E. Nußbaumer, Geistiges Kärnten, 1956, s. Reg.; Kärnten in der Literatur. Autoren- und Schrifttumsverzeichnis, 1960, S. 43; E. Nußbaumer, Kärnten im Wort, 1971, S. 31–42; Kürschners Deutscher Literatur-Kalender Nekrolog 1936–1970, 1973; Ch. Walder, Die gespaltene Welt des E. L. Psychoanalyse und politisch-kulturelle Netzwerke in Kärnten, 2007 (m. B. u. W.); U. Baur – K. Gradwohl-Schlacher, Literatur in Österreich 1938–1945, 2011; Forschungsstelle Österreichische Literatur im Nationalsozialismus, Graz, Steiermark; UA, Wien.
Referenz: ÖBL Online-Edition, Bd. (Lfg. 1, 2011)
geboren in Haschendorf
gestorben in Klagenfurt

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