Lang, Victor von

Lang Victor von, Physiker. * Wr. Neustadt (N.Ö.), 2. 3. 1838; † Wien, 3. 7. 1921.

Stud. an den Univ. Wien, Heidelberg und Gießen Physik, 1858 Dr.phil., mit 23 Jahren Priv.Doz. (1861) für Physik der Kristalle an der Univ. Wien, ab 1862 Ass. für Mineral. am Kensington-Mus. in London, 1864 ao. Prof. an der Univ. Graz, 1865 o. Prof. an der Univ. Wien, 1870 Dekan, 1884 und 1889 Rektor, 1908 i.R. 1866 korr., 1867 w. Mitgl. der Akad. der Wiss. in Wien, in der er ab 1898 mit dem Amt des Sekretärs der math.-nat. Kl., ab 1899 mit dem Amt des Gen.-Sekretärs betraut war. 1911 Vizepräs., 1915–19 Präs. 1871 wurde er zum ersten Mal zum Mitgl. des „Comité international des poids et mésures“ ernannt, 1899 Mitgl. des Patentgerichtshofs, 1904 Präs. des Normaleichamtes, 1905 Herrenhausmitgl., 1918 Geh.-Rat. L. gelangte bereits früh zu großen Erfolgen, welche auf einem das Gesamtgebiet der Physik umfassenden Wissen und auf einer durch Würde, Weitblick und Erfahrung zu Führung und Repräsentation geeigneten Persönlichkeit gegründet waren. Seine wiss. Arbeiten zeichnen sich durch außerordentliche Vielseitigkeit aus. Schon mit 18 Jahren veröff. er eine Abh. „Über die Struktur des Quarzes“, auch in der Folge blieb er zunächst dem Gebiet der Kristallphysik, zu deren Begründern er gehört, treu. Elast. und magnet. Eigenschaften, insbesondere aber opt. Erscheinungen — Doppelbrechung und Polarisation — in Kristallen wurden behandelt, ein Goniometer gebaut und ein Lehrbuch der Kristallographie gab eine Zusammenfassung der Ergebnisse. Auch weiterhin wurden immer wieder kristallopt., aber auch Wärmeleitungsprobleme behandelt. Eng verwandt mit diesen Arbeiten sind Untersuchungen über Zirkularpolarisation und Ultrarotspektroskopie, für die er ein nach ihm benanntes Spektrometer gebaut hat. Auf dem Gebiete der Akustik findet sich eine frühe Arbeit über „Transversalschwingungen eines elastischen Stabes“ und weiterhin Beobachtungen über tönende Luftsäulen. Die Stimmtonkonferenz des Jahres 1886, die in Wien stattfand, wurde von L., der auch als österr. Vertreter fungierte, durch experimentelle Untersuchungen vorbereitet. L.s Beitrr. zur Mechanik betreffen Fragen der Reibung zwischen Wasser und Luft, der Bestimmung der Dichte und Probleme der kinet. Theorie der Gase. Erwähnt sei ferner eine frühzeitige, in großer Klarheit und Knappheit abgefaßte Schilderung der Grundgedanken der speziellen Relativitätstheorie. In zahlreichen Arbeiten beschäftigte er sich schließlich mit elektr. und elektromagnet. Erscheinungen, elektr. Lichtbogen, Wechselstrom, elektrostat. Drehfeldern, Kohärer zum Empfang elektr. Wellen. Wenn schon durch diese unvollständige Kennzeichnung der wiss. Aktivität die Breite der Interessen L.s illustriert wird, so vervollständigt dieses Bild die das Gesamtgebiet der Physik umfassende „Einleitung in die theoretische Physik“, die zwei Aufl. erlebt hat. Abschließend seien noch die großen didakt. Fähigkeiten L.s hervorgehoben. Die außerordentliche räumliche Beschränkung des physikal. Inst. und die Dürftigkeit der ihm zur Verfügung stehenden Apparate ließen nur eine bescheidene Ergänzung seiner Vorlesungen durch Experimente zu, was aber der Klarheit und Übersichtlichkeit seines Vertrages nicht den geringsten Abbruch tat. L. war mit der Malerin Ella v. L. (s. d.) verheiratet.


Literatur: N. Fr. Pr. vom 18. 8. 1905; Feierl. Inauguration, 1921/22; Almanach Wien, 1923; Poggendorff 3, 4; Wer ist’s? 1908.
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 4 (Lfg. 20, 1969), S. 444f.
geboren in Wiener Neustadt
gestorben in Wien

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