Kraus, Alfred Frh. von

Kraus Alfred Frh. von, General. * Pardubitz (Pardubice, Böhmen), 7. 4. 1824; † Wien, 28. 2. 1909.

Trat nach philosoph. und jurid. Stud. in Prag und nach der Praxis als Advokaturskonzipient im Februar 1850 als Auditoriatspraktikant beim Obersten Militär-Gerichtshof ein und wurde nach Ablegung der Richteramtsprüfung im Juli 1850 als Oblt.-Auditor beim Garnisonsauditoriat in Mantua eingeteilt. Als solcher führte er 1853 mit großer Strenge die Untersuchung im Mantuaner Hochverratsprozeß, im Juli 1854 rückte er außer der Rangtour zum Hptm.-Auditor vor. Kurz darauf leitete er nach dem Aufstand in Parma die dortige gerichtliche Untersuchung, im März 1856 wurde er nach der Ermordung Herzog Karls III. von Parma abermals zu diesem Zweck in das Herzogtum entsandt. Im Juni 1857 wurde K. als Rtm. zur Gendarmerie übersetzt und zum Vorstand des Präsidialbüros des Chefs der Obersten Polizeibehörde Kempen v. Fichtenstamm (s. d.) ernannt; 1859–62 stand K. in der Centralkanzlei des Armeeoberkmdos. bzw. des Kriegsmin. in Verwendung, 1862 Mjr. im IR. 11 und Flügeladj. des Kriegsmin. 1866 kam er in die Generaladjutantur (Militärkanzlei) des Kaisers. 1868 zum Obst. befördert, erwarb er sich in den folgenden Jahren durch seine reichen jurid. und militär. Kenntnisse und Erfahrungen das Vertrauen des Kaisers und des Vorstandes der Militärkanzlei Gen.-Obst. F. Gf. Beck (s. d.), zu dessen Stellvertreter er im März 1874 ernannt wurde. 1880 FML, 1881 Frh., am 11. 4. 1881 Präs. des Militär-Obergerichts, jedoch bereits am 8. 7. 1881 mit der Leitung der Statthalterei in Böhmen betraut, 1882 definitiv zum Statthalter ernannt. Er sollte hier die Politik des Min.-Präs. Gf. Taaffe durchführen und nach den Prager Unruhen energ. die Ordnung in Böhmen wiederherstellen. Aber Dt., Tschechen und insbesondere der Adel standen ihm mißtrauisch gegenüber. Besonders die Dt. fühlten sich durch seine Amtsführung benachteiligt, als er durch eine dienstbare Presse die Kritik an der Regierung Taaffe bekämpfen wollte und Protestversmlgn. gegen den zunehmenden Einfluß der Tschechen auf die Verwaltung auflöste. Die Auseinandersetzungen führten schließlich im Dezember 1886 zum Austritt der Dt. aus dem Landtag, und am 2. 9. 1889 erreichten die Parteien die Enthebung K.’ als Statthalter. Mit 1. 10. 1889 wurde der fast Erblindete in den Ruhestand versetzt.


Literatur: N. Fr. Pr. vom 1. 3. 1909; G. R. Amton v. Treuenfest, Armeealbum zur Erinnerung an das 40jährige Regierungsjubiläum S. M. Franz Joseph I., 1889, S. 52 f.; A. Thiel, Das k. u. k. Militär-Obergericht 1803–1903, 1903, S. 69 f.; G. Kolmer, Parlament und Verfassung in Österr., Bd. 3 und 4, 1905–07, s.Reg.; E. Plener, Erinnerungen, Bd. 2, 1912, S. 383 f.; A. Skedl, Der polit. Nachlaß des Gf. E. Taaffe, 1922, s. Reg.; O. Knauer, Österr. Männer des öffentlichen Lebens von 1848 bis heute, 1960, S. 55; Otto 15.
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 4 (Lfg. 18, 1968), S. 220f.
geboren in Pardubice
gestorben in Wien

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