Jodl, Friedrich

Jodl Friedrich, Philosoph. * München, 23. 8. 1849; † Wien, 26. 1. 1914.

Gatte der Folgenden. Stud. 1867–71 an der Univ. München Phil., Geschichte und Kunstgeschichte, 1871 Dr.phil. (München). 1873 Lehrer für allg. Geschichte an der Bayer. Kriegsakad. in München, 1880 Priv. Doz. für Phil. an der Univ. München, 1885 o. Prof. der Phil. an der Univ. Prag, 1896–1914 o. Prof. der Phil. an der Univ. Wien. J.s philosoph. Standpunkt war in der Erkenntnislehre ein krit. Realismus, in der Metaphysik ein naturalist. Monismus, der auch seine psycholog. Grundauffassung bestimmte. In der Ethik, deren Durchmessung in ihrer ganzen geschichtlichen Entwicklung seine Hauptleistung als Philosoph darstellt, verband er das Kriterium der Gesinnungsethik mit der Richtung auf die allg. Wohlfahrt und deren Fortschritt im Lauf der Geschichte als Ziel; eine übernatürliche Begründung und Zielsetzung lehnte er gemäß seinem an L. Feuerbach und J. St. Mill orientierten Positivismus ab, gelangte aber innerhalb dieses Standpunktes zu einem hochgestimmten Ideal humaner Lebensgestaltung. Seine wichtigsten Beitrr. zur Geschichte der Phil. galten der engl. Aufklärung, insbesondere D. Hume, der Phil. L. Feuerbachs und der Hrsg. von dessen Schriften. Die Aufgabe der Phil. sah J. darin, den gesamten Wissensbestand der Zeit jeweils in einem zusammenstimmenden Weltbild zu umgreifen. Außerhalb seines akadem. Lehramtes entfaltete J. auch eine reiche volksbildner. Tätigkeit zuerst in München und später auch in Prag und Wien und eine hingebungsvolle Wirksamkeit in der Ges. für eth. Kultur, deren Zweigvereinigung in Wien er begründete. Mitgl. der Akad. d. Wiss. in Wien.


Literatur: Wr.Ztg. vom 26. 1., R.P. vom 27. 1., N.Fr.Pr. vom 27., 28. und 29. 1. 1914; M. Jodl, F. J., 1920; Vom Lebensweg, ges. Vorträge und Aufsätze, hrsg. von W. Börner, Bd. 2, 1918, S. 697–703 (tw. Werksverzeichnis); W. Börner, F. J. Eine Studie. Anhang: H. Spitzer, Eine Charakteristik F. J.s, 1911; ders., F. J., Gedenkbll., 1914; Archiv für Geschichte der Phil., Bd. 27 (N.F. 20), 1914, S. 474ff.; Almanach Wien, 1914; Feierl. Inauguration, 1914/15; Dt. Arbeit, Bd. 13, 1913/14, S. 368; B. v. Carneri, Briefwechsel mit E. Haeckel und F. J., hrsg. von M. Jodl, 1922; N. Österr. Biogr. 2, 1925; Ueberweg-Oesterreich; Ziegenfuß; Enc. Fil.; Wer ist’s? 1908.
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 3 (Lfg. 12, 1962), S. 120f.
geboren in München
gestorben in Wien

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