Greuter, Josef

Greuter Josef, Politiker und Priester. * Tarrenz (Nordtirol), 1. 10. 1817; † Innsbruck, 21. 6. 1888.

Wandte sich dem geistlichen Beruf zu (1842 Priesterweihe) und wurde nach mehrjähriger Verwendung als Hilfspriester 1850 Religionslehrer am Staatsgymn. in Innsbruck. 1864 wurde er von den Bezirken Landeck, Ried und Nauders in den Reichsrat entsandt. Noch vor seinem Eintritt in den Landtag hatte sich G., der seit 1861 Präs. des kath. Volksver. war, führend der Verfechtung der Interessen der kath. Kirche angenommen und in leidenschaftlicher Weise die Agitation gegen die liberalen Tendenzen der Regierungen Erzh. Rainer–Schmerling und Gf. Carlos Auersperg betrieben. Der Anlaß war das in Durchführung des Oktoberpatentes von 1860 erfolgte Patent vom 8. April 1861 über die Rechte der evang. Kirche, von dem die kirchlichen Kreise, eine Überflutung des Landes durch Protestanten befürchteten. Ein weiterer Anlaß des Kampfes gegen die Regierung war der Erlaß des Gesetzes von 1868, mit dem die oberste Leitung und Aufsicht über das gesamte Unterrichts- und Schulwesen dem Staate zugewiesen wurde. Die von G. geführte oder wenigstens stark beeinflußte klerikale Landtagsmehrheit verweigerte die Beschlußfassung des erforderlichen Landesgesetzes, was zu einem jahrzehntelangen Schulstreit zwischen Regierung und Landtag führte und den Anlaß zur sog. Hasnerschen Schulverordnung von 1869 gab, mit der die provisorische Aufstellung der staatlichen Schulbehörden in die Wege geleitet wurde. Immerhin wurde die Entwicklung des Schulwesens in Tirol durch Jahrzehnte empfindlich beeinträchtigt. Der Kampf der klerikalen Mehrheit des Landtages unter leidenschaftlicher Teilnahme G.s beschränkte sich nicht nur auf diese Gegenstände, sondern führte zu einer allgemeinen Opposition gegen die Regierung. G., Ehrenbürger von über 300 Tiroler Gemeinden, sah sich in erster Linie als Vertreter der Kirche, der er mit großer Beredsamkeit und Leidenschaftlichkeit diente. Seit Jahren krank, trat er 1882 i. R.


Literatur: N.Fr.Pr. vom 26. 6. 1888; Tiroler Stimmen, 1888, n. 143, 148; Tiroler Bote, 1888, S. 1126, 1138, 1146, S. 107; N. Tiroler Stimmen 1907, n. 180; Tiroler Volksbl., 1912, n. 28; A. Lanner, Tyroler Ehrenkranz, 1925; S. Hahn, Reichsratsalmanach, 1885; A. Bundsmann, Die Landeschefs von Tirol und Vorarlberg in der Zeit von 1815–1913, in: Schlernschriften 117, 1954; O. Stolz, Geschichte des Landes Tirol, 1955, S. 656; G. Kretschmar, Msg. J. G. und die Tiroler Konservativen, Diss. Wien 1949.
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 2 (Lfg. 6, 1957), S. 58f.
geboren in Tarrenz
gestorben in Innsbruck

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