Bláthy, Ottó Titusz

Bláthy (Oblát) Ottó Titusz, Elektrotechniker. Geb. Totis (Tata, H), 11. 8. 1860; gest. Budapest (H), 26. 9. 1939; mos., ab 1880 evang. AB.

Aus einer wohlhabenden Handelsfamilie stammend. – Nach Besuch der Oberrealschule in Wien studierte B. 1877–81 an der TH Wien Maschinenbau (1879 I., 1882 II. Staatsprüfung) und arbeitete anschließend in der Maschinenfabrik der Ungarischen Staatsbahnen in Budapest. Mit seinem Übertritt in die Elektrizitätsabteilung der Firma Ganz 1883 kam es zur Bildung der erfolgreichen Ingenieursgruppe B., Károly Zipernowsky und →Miksa Déri, deren bedeutendste Erfindung 1885 der Transformator mit geschlossenem Eisenkern wurde. Als Zipernowsky 1893 zum Universitätsprofessor avancierte, übernahm B. die Leitung der Entwicklungsarbeiten und blieb bis zu seinem Tod geistiger Leiter des Unternehmens. 1888 verwirklichte er als Erster den parallelen Betrieb von Wechselstromgeneratoren, 1889 konstruierte er einen Wechselstromzähler mit Ferrarisscheibe, auf dessen Prinzip die heute noch weit verbreiteten mechanischen Stromzähler beruhen. Da ihm das Drehstromsystem zunächst unbekannt war, entwickelte er 1890 eine Typenreihe von Einphasenkommutatormotoren mit Reihenschaltung von 1/8 bis 10 PS Leistung (ca. 100 W bis 7 kW), um die Motorennachfrage zu befriedigen. Später von den Vorteilen des Drehstroms überzeugt, entwarf er Typenreihen für Drehstromgeneratoren, transformatoren und asynchronmotoren. B.s Turbogeneratoren zeichneten sich durch einwandfreie mechanische Lösungen aus, die eine Leistungssteigerung ermöglichten. 1925 baute er schon 44-MW-Generatoren. B., der über 100 Patente besaß, sind ferner u. a. die parallele Anordnung der Rotornuten in zweipoligen Turbogeneratoren und die Bruchlochwicklung des Stators in Wechselstromgeneratoren zu verdanken. Nach →Kálmán Kandós Tod 1931 vollendete er auch dessen Konstruktion der Einphasen-Drehstrom-Umformer für 50-Hz-Lokomotiven. B. war eine vielseitige Persönlichkeit: Er beherrschte fünf Sprachen, rechnete im Kopf mit 8- bis 10-stelligen Zahlen, war ein ausgezeichneter Schachspieler und entwarf Schachprobleme. Er war Bahnbrecher des Fahrrad- und Automobilsports sowie stellvertretender Präsident des ungarischen Automobilclubs. Neben zahlreichen anderen Auszeichnungen erhielt er 1900 den Grand Prix der Weltausstellung in Paris, 1908 den ungarischen Hofratstitel sowie 1917 Ehrendoktorate der TH Wien und der TU Budapest. 1927 wurde er Ehrenmitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften.


Literatur: M. Életr. Lex. (m. B.); Elektricitätsvertheilung aus Centralstationen, in: Centralblatt für Elektrotechnik 7, 1885, S. 422–429; M. Vidmar, O. T. B., in: Elektrotechnik und Maschinenbau 51, 1933, S. 474f.; Die Entwicklung der Starkstromtechnik in Deutschland 2: Von 1890 bis 1920, ed. K. Jäger, 1991, S. 194; D. Hooper – K. Whyld, The Oxford companion to chess, 2. Aufl. 1996; A. L. Staudacher, Jüdisch-protestantische Konvertiten in Wien 1782–1914, 2, 2004; G. Sitkei, A magyar elektrotechnika nagy alakjai, 2005, S. 75–92; TU, Wien.
Referenz: ÖBL Online-Edition, Bd. (Lfg. 1, 2011)
geboren in Tata
gestorben in Budapest
ausgebildet in Wien
war Student Technische Hochschule Wien 1877-1881
war Ingenieur von Ungarische Staatsbahn
war Ingenieur von Elektro-Firma Ganz & Co. 1833
war Vizepräsident Királyi Magyar Automobil Club
war Ehrenmitglied Technische Hochschule Wien 1917
war Ehrenmitglied Magyar Királyi József Müegyetem (Budapest) 1917
war Ehrenmitglied Ungarische Akademie der Wissenschaften 1927

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