Tschiderer zu Gleifheim, Johann Nepomuk von

Tschiderer zu Gleifheim Johann Nepomuk von, Fürstbischof. Geb. Bozen, Tirol (Bolzano/Bozen, I), 15. 4. 1777; gest. Trient, Tirol (Trento, I), 3. 12. 1860 (beigesetzt im Dom von Trient).

T.s Familie stammte aus dem Nordtiroler Paznaun und kam über Eppan (Appiano) nach Bozen und Innsbruck, war in den obersten Rängen des Tiroler Steuerwesens tätig und wurde 1631 geadelt. Sohn des Gen.einnehmers in Innsbruck und Gutsbesitzers Josef Joachim v. T. z. G. (1739–1803) und der aus einer eingedeutschten Kaufmanns- und Beamtenfamilie stammenden Katharina v. T. z. G., geb. v. Giovanelli, Bruder des 1838 in den Frh.stand erhobenen k. k. Appellationsrats Ignaz T. Frh. v. G. (geb. 1. 5. 1778; gest. 16. 4. 1858), Onkel von Ernst T. Frh. v. G. (s. u.). – T. besuchte das Franziskanergymn. in Bozen, stud. 1792–98 Phil. und Theol. in Innsbruck und wurde 1800 in Trient zum Priester geweiht. Seine Stud.zeit war von Josephinismus und Spätaufklärung gekennzeichnet, zu denen er dank der Hilfe des charismat. Franziskaners Herkulan Oberrauch ein vertretbares Verhältnis fand. Nach 7-jährigem Einsatz in der prakt. Seelsorge und einem 5-monatigen Romaufenthalt wurde er 1807 Moral- und Pastoralprof. am Priesterseminar in Trient, wo er in P. →Peter Paul Rigler einen lebenslangen Freund und Mitarb. fand. 1810, als Trient in das napoleon. Kg.reich Italien eingegliedert wurde, abgelöst, war T. bis 1819 Pfarrer und zeitweilig Dekan im bäuerl. geprägten Sarnthein/Sarentino (wo ihn auch der bayer. Kronprinz besuchte), dann Stadtpfarrer und Dekan in Meran (Merano). Dort gelang es ihm, die alte Anhänglichkeit der Bevölkerung an Chur zu überwinden und die Zugehörigkeit zu Trient zu stärken. 1828 wurde er Provikar des Bischofs von Trient und 1831 Weihbischof und Gen.vikar des Brixner Bischofs für Vbg. Ab 1834 Fürstbischof von Trient, entfaltete er eine rege Tätigkeit im Sinn der Restauration nach den napoleon. Wirren, indem er sich bes. dem Klerus, den Orden, der Schule und der Volksfrömmigkeit widmete und die ausgedehnte Diözese zweimal visitierte. Das von ihm gegr. Taubstummeninst. in Trient hat sich bis heute erhalten. Als ein Höhepunkt seiner Tätigkeit gilt das 1845 gefeierte Konzilsjubiläum. Die Revolution von 1848 forderte ihn als Vermittler zwischen den Parteien. Da er den erwachenden italien. Nationalismus nicht mittragen konnte, verlor er Anhang unter den italien. Intellektuellen und wandte sich mehr dem dt. Anteil der Diözese zu. T., ein großer Bücherfreund und unermüdl. Briefschreiber, galt als persönl. bescheiden und anspruchslos, klug und wohltätig und somit als echter Volksbischof. Die Erinnerung an ihn halten nicht zuletzt die rund 60 Kirchen wach, die er geweiht bzw. neuerl. geweiht hat. Papst Pius IX. nannte ihn noch zu Lebzeiten einen Heiligen, Papst Johannes Paul II. sprach ihn 1995 selig. Sein Nachlass befindet sich im Archivio Diocesano Tridentino in Trient. Sein Neffe, der Komponist und k. k. Kämmerer


Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 66, 2015), S. 486f.
geboren in Bozen
gestorben in Trient

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