Türck, Ludwig

Türck Ludwig, Mediziner. Geb. Wien, 22. 7. 1810; gest. ebd., 25. 2. 1868; röm.-kath.

Sohn des Hofjuweliers Josef T. und von Charlotte T., geb. Globig v. Jagdsheim. – Nach Besuch des Gymn. absolv. T. 1826–28 die phil. Jgg., stud. 1828–30 Jus und ab 1830 Med. an der Univ. Wien; 1837 Dr. med. Ab 1840 widmete er sich als Sekundararzt im Wr. AKH der Forschung, im Speziellen der Anatomie und Pathol. des Nervensystems; mit der „Abhandlung über Spinal-Irritation …“, 1843, schuf er den neuen pathophysiolog. Typus des klin. Denkens. Nach einer Stud.reise nach Paris (1844) gründete →Ludwig Frh. v. Türkheim 1846 für T. eine Abt. für Nervenkranke, die dieser 13 Jahre lang leitete. 1857 Primararzt, begann T. im selben Jahr mit seinen laryngolog. Forschungen; 1861 Doz. für Krankheiten des Nervensystems und des Kehlkopfs, 1863 ao. Prof. für Pathol. des Nervensystems und der Stimmorgane an der Univ. Wien. T. machte sich als Neurologe und bes. als Laryngologe verdient. 1849 entdeckte er das Phänomen der sekundären Degeneration des Nervensystems. Wie auch später bei der Entwicklung des Laryngoskops zögerte er bei der Veröff. seiner Forschungen oft so lange, dass seine Ergebnisse und Entdeckungen kaum oder erst spät anerkannt wurden. 1855 legte er seine wichtige Arbeit „Beobachtungen über das Leitungsvermögen des menschlichen Rückenmarkes“ (Sbb. Wien, math.-nat. Kl. 16) vor. In die Geschichte der Nervenanatomie ging T. namentl. mit der Entdeckung der temporalen Großhirnbrückenbahn von 1856 ein (T.-Bahnen oder fasciculus Türcki). Ab der Mitte des 18. Jh. gab es immer wieder Versuche, mittels Spiegel in den Kehlkopf hineinzusehen, jedoch ohne nennenswerte Erfolge. Im Sommer/Herbst 1857 verwendete T. einen von ihm selbst konstruierten Spiegel erstmals für med.-diagnost. und operative Zwecke des Kehlkopfs unter Ausnutzung des Sonnenlichts. Im März 1858 veröff. der Physiologe →Johann Nep. Czermak, der im Winter die Forschungen mit künstl. Licht weitergetrieben hatte, die Erfindung des Laryngoskops. Im April 1858 suchte sich T. den Prioritätsanspruch vor der Ges. der Ärzte in Wien zu sichern. Daraus resultierte der sog. Türckenkrieg, der mit Publ. und Gegenpubl. weitergeführt wurde. Als positiver Nebeneffekt entwickelte sich damit die Laryngol. rasch zu einem bedeutenden med. Fachbereich. 1863 verwendete T. erstmals die Lokalanästhesie mit Kokain in der Laryngol., 1866 veröff. er die „Klinik der Krankheiten des Kehlkopfes und der Luftröhre“; dieses Buch – samt dem dazugehörigen Atlas der med. Illustratoren Anton Elfinger und →Karl Heitzmann – blieb für Jahrzehnte ein Standardwerk. 1853 wurde T. zum 1. Sekr. der Ges. der Ärzte in Wien gewählt, 1861 erhielt er von der Acad. nationale de Médecine in Paris den Monthyon-Preis.


Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 66, 2015), S. 501
geboren in Wien
gestorben in Wien

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