Toman, Karel

Toman Karel, eigentl. Bernášek Antonín, Schriftsteller und Journalist. Geb. Kokowitz, Böhmen (Kokovice, CZ), 25. 2. 1877; gest. Praha, Tschechoslowakei (CZ), 12. 6. 1946.

Stammte aus einer Bauernfamilie. – Nach dem Besuch des Gymn. in Schlan (Slaný) stud. T. 1890–96 im erzbischöfl. Konvikt in Přibram (Příbram) und inskribierte nach der Matura an der jurist. Fak. der tschech. Univ. in Prag, beendete das Stud. jedoch nicht. Er freundete sich mit zahlreichen Literaten aus der anarchist. Bewegung an (František Gellner, Jiří Mahen, Marie Majerová, →Stanislav Neumann, Fráňa Šrámek), wurde Mitgl. der Schriftstellerver. Kruh českých spisovatelů sowie Syrinx und führte ein nonkonformist., häufig von materieller Unsicherheit geprägtes Leben, wobei er seine berufl. Tätigkeit oft wechselte (u. a. Red. beim Lex. „Ottův slovník naučný“ und der Z. „Radikální listy“). T. unternahm zahlreiche Reisen durch Westeuropa (Dtld., die Niederlande, Großbritannien, Frankreich), wo er in diversen anarchist. Kommunen wohnte; 1903–04 lebte er auch in Wien. 1908 gab er seine erst kurz zuvor angetretene Stelle als Kanzlist an der Univ. in Prag auf und fuhr nach Paris, wo er von Übers. aus dem Französ. (Colette, Anatole France, Guy de Maupassant) und dem Tschech. lebte. Ab 1912 war er als Red. der Tagesztg. „Český deník“ in Pilsen (Plzeň) tätig, wenig später wurde er Kopist im Archiv des Nationalmus. in Prag und 1917–19 Red. sowie Feuilletonist der Z. „Národní listy“. Nach dem 1. Weltkrieg bekam er eine Anstellung in der Bibl. des tschechoslowak. Parlaments, ging jedoch 1925 krankheitsbedingt frühzeitig i. d. R. und reiste weiterhin häufig, u. a. nach Dalmatien und in die Provence. T. zählt zu den Hauptvertretern der tschech. Schriftstellergeneration des Fin de Siècle, die sich um die anarchist. Z. „Nový kult“ sammelten. In seinen frühen Ged.bde. thematisierte er mit einer ungewöhnl. Sprachmelodik sowie Bildhaftigkeit die Sehnsucht nach einer freien und unabhängigen Existenz und verherrlichte dabei das Wanderleben („Pohádky krve“, 1898; „Torzo života“, 1902). In seinem Spätwerk suchte er den Sinn des Lebens unpathet. in der Natur („Sluneční hodiny“, 1913; „Měsíce“, 1918), in der Familie („Verše rodinné a jiné“, 1918) und in einer starken Heimatverbundenheit („Hlas ticha“, 1923; „Stoletý kalendář“, 1926). Er schrieb weiters Reiseberr. sowie Feuilletons. Bis heute wird sein Werk zum Kanon der tschech. Poesie gezählt. T. erhielt mehrere literar. Ausz. 1928 wurde er Mitgl. der Česká akad. věd a umění und war 1943–45 Vors. der literar. Sektion.


Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 66, 2015), S. 383f.
geboren in Kokovice
gestorben in Prag

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