Brunnthaler, Josef Georg

Brunnthaler Josef Georg, Botaniker. Geb. Wien, 20. 12. 1871; gest. ebd., 18. 8. 1914; röm.-kath.

Sohn des Kaufmanns Josef Brunnthaler (1820–1887) und der Franziska Brunnthaler, geb. Löhr (1830–1909), Bruder von Anna Franziska Brunnthaler (geb. 1873), die ihm den Haushalt führte. – Nach dem Besuch einer Bürgerschule und einer zweiklassigen Handelsschule in Wien trat B. in ein privates Bankgeschäft ein und wirkte dort über 16 Jahre lang zunächst als Buchhalter, später als Kassier. Nach dessen Auflösung im Juli 1904 arbeitete er ab August – teilweise als Volontär – am Botanischen Institut der Universität Wien und wurde hier mit der Ernennung zum Konservator der Sammlungen 1909 zum Staatsbeamten befördert. 1905–08 war B. zudem an der Biologischen Versuchsanstalt im Wiener Prater tätig. Subventioniert vom Ackerbau-Ministerium, untersuchte er die Algenflora in den Gewässern des Praters und beschäftigte sich mit Algenkulturen. Im Frühjahr 1907 hielt er den jährlich stattfindenden Kurs über Meeresalgen an der zoologischen Station in Triest ab. Unterstützt durch die kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien, das Ministerium für Kultus und Unterricht sowie von privater Hand, unternahm B. von Juni 1909 bis Jänner 1910 eine ausgedehnte Reise nach Ost- und Südafrika: Ausgehend von Tanga im heutigen Tansania besuchte er zunächst das biologisch-landwirtschaftliche Institut in Amani und durchstreifte zu Fuß die westlichen Usambara-Berge. Über Sansibar und Daressalam gelangte B. nach Mosambik und reiste per Bahn zu den Victoriafällen des Sambesi. Schließlich erreichte er über Bulawayo in Rhodesien sein Hauptziel, das Kapland, wo er bis Ende Dezember 1909 ausgedehnte Exkursionen unternahm. Die wertvollen Aufsammlungen dieser Afrika-Reise bereichern die Sammlungen des Botanischen Instituts und den Pflanzenbestand des Botanischen Gartens der Universität Wien. 1910 beteiligte sich B. an der Leitung der 1. Wiener Universitätsreise ins Küstenland, nach Dalmatien sowie in die Herzegowina und gestaltete eine Spezialausstellung zu natur- und kunsthistorischen Objekten dieser Reise. Eine weitere Studienreise 1911 zu den süddalmatinischen Inseln musste er aus gesundheitlichen Gründen abbrechen, im April 1914 nahm er noch an der 5. Wiener Universitätsreise nach Ägypten und Kreta teil. Seit seiner Jugend zeigte B. großes Interesse an den Naturwissenschaften, insbesondere beschäftigte er sich mit Kryptogamen und bildete sich in der Folge autodidaktisch zu einem geschätzten Fachmann auf dem Gebiet der Phytoplankton- und Algenkunde heran. 1897 gründete er, als weltweit erste Institution mit dieser Spezialisierung, die Wiener Kryptogamen-Tauschanstalt, die auch gedruckte Jahreskataloge zum verfügbaren Pflanzenbestand herausgab; sie bestand bis November 1903. Nach der Eröffnung des Neubaus des Botanischen Instituts der Universität Wien 1905 kam B. die führende Rolle bei der Neuaufstellung der Sammlungen zu, im selben Jahr gestaltete er die Internationale Botanische Ausstellung in Schönbrunn im Rahmen des 2. Internationalen botanischen Kongresses, wofür ihm das Goldene Verdienstkreuz verliehen wurde. Zu seinen ersten Publikationen zählten Arbeiten über Süßwa2sser-Plankton, beispielsweise beschrieb er regional das Phytoplankton der Donau bei Wien und das Plankton des Attersees, allerdings auch das „Phytoplankton aus Kleinasien“ (in: Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe 112, 1903). Aus der Tätigkeit an der Biologischen Versuchsstation in Wien resultierten die wichtigen Werke „Die Algen und Schizophyceen der Altwässer der Donau bei Wien“ (in: Verhandlungen der kaiserlich-königlichen zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien 57, 1907) und „Die niedrige Pflanzenwelt der ‚Alten Donau‘ bei Wien“ (in: Oesterreichische Fischerei-Zeitung 5, 1907). Bedeutende Vegetationsaufnahmen der Afrika-Reise erschienen in der Reihe „Vegetationsbilder“, zudem veröffentliche B. einige naturwissenschaftlich-geographische Betrachtungen wie „Die Viktoriafälle des Zambesi und ihre Umgebung“ (in: Deutsche Rundschau für Geographie 33, 1911) und „Geiser und Thermalquellen Ägyptens in ihren Beziehungen zu den verkieselten Hölzern“ (ebd. 36, 1914). Im Rahmen der 5. Wiener Universitätsreise 1914 beschrieb er die Pflanzenwelt Ägyptens. Ihm zu Ehren wurden eine marine Kraushaaralge Ulothrix brunnthaleri (1915), eine Süßwasseralge Characium brunnthaleri (1916), die afrikanischen Mittagsblumengewächse Mesembryanthemum brunnthalerianum (1915) und Mesembryanthemum brunnthaleri (1922) sowie ein Aloegewächs Aloe brunnthaleri (1933) benannt. B. war ab 1893 Mitglied der zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien, wurde 1895 in deren Ausschuss gewählt und fungierte 1903–07 als Rechnungsführer sowie 1907–12 als Generalsekretär. 1908 wirkte er maßgeblich bei der Übersiedelung der zoologisch-botanischen Gesellschaft von der Wiener Innenstadt in das alte Botanische Museum im Botanischen Garten der Universität Wien mit. Ab 1911 war er Mitglied der Österreichischen Geographischen Gesellschaft.


Referenz: ÖBL Online-Edition, Lfg. 4 (30.11.2015)
geboren in Wien
gestorben in Wien

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