Ehrenstein, Albert

Ehrenstein Albert, Schriftsteller. Geb. Wien, 23. 12. 1886; gest. New York, NY (USA), 8. 4. 1950 (begraben: Bromley Hill Cemetery, London, GB); mos.

Sohn von Alexander (Schandor) Ehrenstein (geb. Skalitz, Ungarn / Skalica, SK), 29. 3. 1857; gest. Wien, 29. 5. 1925), Beamter und Kassier bei der Brauerei Kuffner, und von Charlotte Ehrenstein, geb. Neuer (geb. Vradist, Ungarn / Vrádište, SK, 21. 4. 1867); vier Geschwister, u. a. der Schriftsteller Carl Ehrenstein (geb. Wien, 9. 9. 1892; gest. Whitstable, GB, 10. 1. 1971). – E. wuchs in beengten Verhältnissen in Ottakring auf und besuchte das Piaristengymnasium in Wien 8, wo er Mitschüler von Josef Luitpold Stern war. Nach einem Konflikt mit dem Religionslehrer wurde er von der Schule verwiesen. Er maturierte am Staatsgymnasium Wien 17 und studierte 1905–10 an der Universität Wien Philologie und Geschichte. 1910 promovierte er zum Dr. phil. mit der Dissertation „Die Lage in Ungarn … im Jahre 1790“. Seine erste Publikation, das Gedicht „Wanderers Lied“, erschien 1910 in der „Fackel“ von →Karl Kraus, der ihn jedoch 1918 wegen des Gedichts „Sieg“ attackierte. 1911 arbeitete er für die Historische Kommission der Israelitischen Kultusgemeinde Wien. Ab September 1911 lebte er teilweise in Berlin. 1912 verband ihn eine Liebesbeziehung mit der Schauspielerin Elisabeth Bergner, mit der er zeit seines Lebens in Kontakt blieb und die ihn im Exil finanziell unterstützte. 1914 wurde er zur Arbeit im Kriegsarchiv verpflichtet. Von November 1915 bis April 1916 arbeitete E. als Lektor im Kurt Wolff Verlag in Leipzig und von Juli bis Oktober 1916 im S. Fischer Verlag in Berlin. Von Dezember 1916 bis 1919 lebte E. in der Schweiz, schrieb für „Die Neue Jugend“, war Sekretär des Vereins für Individualpsychologie in Zürich und freundete sich mit →Alfred Adler an. 1919 kehrte er nach Wien zurück, wo er Mitbegründer des Genossenschaftsverlags war und 1920–21 die Zeitschrift „Die Gefährten“ herausgab. E. befasste sich neben eigenen Dichtungen mit Nachdichtungen chinesischer und lateinischer Lyrik. Seine Werke erschienen auch in den Zeitschriften „Der Sturm“, „Die Aktion“, „Der Strom“ und „Die Glühlichter“. 1929 bereiste er zusammen mit Oskar Kokoschka den Nahen Osten, finanziert vom Rowohlt Verlag 1930 Palästina, er blieb aber auf Distanz zum Zionismus. 1932 ging E. in die Schweiz, nach Brissago im Tessin, wo er mit Hilfe von Hermann Hesse der Abschiebung entging. E. gründete 1934 dort ein „Aktionskomitee“, um Flüchtlingen zur Ein- oder Weiterreise zu verhelfen, und schrieb für die „Tat“. 1934–35 bereiste er die Sowjetunion. 1935 nahm E. am Internationalen Schriftstellerkongress zur Verteidigung der Kultur in Paris teil und zog danach zu seinem Bruder nach England. Er publizierte in der „Pariser Tageszeitung“, in „Der Schriftsteller“ (Paris) und in Klaus Manns „Die Sammlung“ (Amsterdam). Im Juli 1941 emigrierte E. über Lissabon nach New York, wo ihm der Graphiker George Grosz behilflich war. Er erhielt ein Stipendium der American Guild, schrieb für den „Aufbau“ sowie die „Austro American Tribune“ und publizierte auch in den „Deutschen Blättern“ (Santiago de Chile) und in „Freies Deutschland“ (Mexiko-Stadt). In seinen letzten Lebensjahren vereinsamte E. und kehrte nach einer enttäuschenden Reise 1949 in die Schweiz und nach Deutschland nach New York zurück, wo er in einem Armenhospital starb.


Literatur: Wr. Ztg. vom 4. 5. 1950; Nagl-Zeidler-Castle, s. Reg.; Kürschner; Kosch, Literaturlex.; Kindermann-Dietrich.
Referenz: ÖBL Online-Edition, Lfg. 4 (30.11.2015)
geboren in Wien
gestorben in New York City

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