Tayerle, Rudolf

Tayerle Rudolf, Gewerkschafter, Journalist und Politiker. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 26. 8. 1877; gest. KZ Mauthausen (OÖ), 6. 3. 1942; röm.-kath., ab 1902 konfessionslos.

Sohn eines Schlossers. – Nach der Bürgerschule und einer Lehre als Maschinenschlosser in Karolinenthal (Praha-Karlín) arbeitete T. zeitweise in Dtld. sowie in Frankreich und war dann bis zu seiner Entlassung wegen gewerkschaftl. Engagements 1901 Schlosser in der Fahrrad- und Motorradfabrik Laurin & Klement (heute: Škoda) in Jungbunzlau (Mladá Boleslav). 1901–11 red. und verlegte er das tschech. Gewerkschaftsbl. „Kovodelník“ und ab 1909 die „Zájmy kovodelníku“ in Prag. Seit dem Bruch der tschech. Gewerkschaften mit der gesamtösterr. Reichsgewerkschaftskomm. 1911 leitete T. bis 1939 als Gen.sekr. die tschechoslaw. (später: tschechoslowak.) sozialdemokrat. Gewerkschaftszentrale Odborové sdružení ceskoslovanské (später: ceskoslovenské). 1919 Vertreter und ab 1927 Vorstandsmitgl. des Internationalen Gewerkschaftsbunds, hielt er bei der internationalen Konferenz 1936 in London eines der Hauptreferate. Bereits Anfang 1918 trat der Exponent des nationalen Flügels der Sozialdemokratie für einen unabhängigen tschech. Staat ein und gehörte 1919/20 zu den Delegierten auf der Pariser Friedenskonferenz. Als führender tschechoslowak. Gewerkschafter bekämpfte er kommunist. Strömungen und trug maßgebl. zur Installation einer übernationalen tschechoslowak. Gewerkschaftszentrale bei, in der tschech. und dt. Gewerkschaften zusammenwirkten. 1918–38 Vorstandsmitgl. der tschechoslowak. Sozialdemokratie und 1918–39 Abg. der tschechoslowak. Nationalversmlg., wirkte der engagierte Sozialpolitiker an vielen arbeitsrechtl. Regelungen wie dem Gesetz über den Acht-Stunden-Tag, dem Urlaubsgesetz und der Arbeitslosenunterstützung mit. Zudem war T. Mitgl. des Wirtschaftsbeirats und des Sozial-Inst. der Masaryk-Akad. der Arbeit und Chefred. von weiteren Gewerkschaftsorganen sowie des Jb. „Sociálne-politická rocenka“. Seit Gründung der Nationalen Partei der Arbeit im Dezember 1938 gehörte er deren Vorstand an. Im März 1939 zog er sich aus der Politik zurück, hielt Kontakt zum sozialdemokrat. Untergrund und widmete sich der Geschichte der Gewerkschaftsbewegung. 1939 erstmals inhaftiert, befand er sich ab Mai 1941 in Gestapohaft in Prag, dann in der Kleinen Festung Theresienstadt, um schließl. ins KZ Mauthausen deportiert zu werden.


Werke: Význam pracovní doby pro delnictvo, 1901; Odborové hnutí a ochranné zákonodárství delnické v Evrope, 1907; Za lepší prítomnost, 1910; Právo na samostatnost odborového hnutí, 1910; Wie führen wir das Gesetz über den Staatsbeitrag zur Arbeitslosenunterstützung durch?, 1925 (auch tschech. und slowak.); Zákony o dovolených zamestnancu, 1925; Sociální politika a odborové hnutí v letech 1930–33, 1934; Ctyricet let Odborového sdružení ceskoslovenského, 1938. – Ed.: Závodní výbory, 1922.
Literatur: T. šedesátka, ed. J. Hlavácek, 1937; Cest památce soudruha R. T., 1947; Kdy zemreli …?, ed. J. Kunc, 1962, S. 285; K. McDermott, The Czech Red Unions 1918–29, 1988, s. Reg.; A. Th. Lane, Biographical Dictionary of European Labor Leaders 2, 1995, S. 948f.; T. Weiser, Arbeiterführer in der Tschechoslowakei, 1998; F. Kolár u. a., Politická elita meziválecného Ceskoslovenska 1918–38, 1998, S. 268 (m. B.); Kdo byl kdo v našich dejinách ve 20. století 2, ed. M. Churan u. a., 2. Aufl. 1998, S. 218 (m. B.); J. Tomeš, Prukopníci a pokracovatelé. Osobnosti v dejinách ceské sociální demokracie 1878–2003, 2. verb. Aufl. 2005, S. 151f. (m. B.); J. Pokorný, Aus der Geschichte der tschech. Gewerkschaftsbewegung 4, 2011, S. 9 (m. B.).
Autor: (R. Luft)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 64, 2013), S. 225f.
geboren in Prag
gestorben in Mauthausen
publizierte in Prag

Lifeline