Stark, Adele von

Stark Adele von, Emailkünstlerin. Geb. Teplitz, Böhmen (Teplice, Tschechien), 13. (14.) 8. 1859; gest. Wien, 10. 9. 1923; röm.-kath.

Tochter des Oberfinanzrats und Zolldir. Johann v. S. (geb. Lermoos, Tirol, 26. 6. 1813). S. erhielt ihre erste künstler. Ausbildung an der Wr. Allg. Zeichenschule für Frauen und Mädchen von F. Pönninger (s. d.) und trat 1878 in die Kunstgewerbeschule in Wien ein, wo sie 1879/80–87 die Fachschule für Malerei und Zeichnen, 1888/89–90 das Spezialatelier für Keram. Dekoration und Emailmalerei besuchte. Danach war sie selbständig künstler. tätig und erteilte Privatstunden im Zeichnen und Malen. 1896 löste ihr an das Min. gerichtete – erfolglose – Ansuchen um die Erlaubnis, eine Zeichenschule für Frauen und Mädchen zu gründen, wichtige Debatten über die mangelhafte weibl. Kunstausbildung aus. 1897/98 frequentierte S. das Spezialatelier für Malerei und die Spezialschule für Illustration an der Wr. Kunstgewerbeschule unter Felician Frh. Myrbach v. Rheinfeld (s. d.), der 1902/03 beim Min. ein Ansuchen zur Neugründung des Emailateliers, unter der Leitung von S., stellte. 1903 wurde S. als eine der ersten Frauen an der Kunstgewerbeschule zur prov. Lehrerin ernannt, wobei ihr vorerst nur die techn., nicht aber die künstler.-didakt. Leitung des Spezialateliers für Emailarbeiten übertragen wurde; 1908 Vertragslehrerin, 1914 Prof. der Werkstätte für Emailarbeiten. S. war 1908–10 österr. Mitgl. des Dt. Werkbunds und Gründungsmitgl. des Österr. Werkbunds und hatte auch enge Bindungen zur Wr. Werkstätte. Gem. mit Leopoldine König führte sie 1905–11 die Emailarbeiten für den Klimt-Fries im Palais Stoclet (Brüssel) aus. S., die zahlreiche Stud.reisen u. a. nach Dtld., Schweden, England, Frankreich und Italien unternahm, beteiligte sich regelmäßig an den Ausst. von Arbeiten des österr. Kunstgewerbes im Österr. Mus. für Kunst und Ind. sowie an internationalen Kunstausst. Die Bedeutung S.s liegt in der ungewöhnl. Verarbeitung des Emails: Sie verband traditionelle Techniken mit modernen Motiven und experimentierte mit neuen Materialzusammenstellungen (Emails auf Kupfer, Metall oder Gold, Drahtemail, Zellen- und Grubenschmelz sowie Gefäße in Fensteremail); bes. in der Technik des Maleremails erlangte sie höchste Perfektion. S.s farbintensive Emails zeigen nicht nur ornamentale, sondern auch szen. Motive, die den Bogen vom Jugendstil bis zum Art Déco spannen. Ihre Lehrmethode war so prägend, daß man bald von einer „Schule Adele von Stark“ sprach.


Literatur: Thieme–Becker; Kunst und Kunsthandwerk 5, 1902, S. 548f., 13, 1910, S. 677f., 14, 1911, S. 255; G. Fliedl, Kunst und Lehre am Beginn der Moderne. Die Wr. Kunstgewerbeschule 1867–1918, 1986, S. 399; B. Doser, Das Frauenkunststud. in Österr. 1870–1935, phil. Diss. Innsbruck, 1988, S. 145f.; V. Vogelsberger, Emailkunst aus Wien 1900–89, 1990, S. 9ff.; Kunst: Anspruch und Gegenstand. Von der Kunstgewerbeschule zur Hochschule für angewandte Kunst in Wien 1918–91, red. E. Patka, 1991, s. Reg.; S. Plakolm-Forsthuber, Künstlerinnen in Österr., 1897–1938, 1994, S. 44; Archiv der Univ. für angewandte Kunst, AVA, MA 35, alle Wien.
Autor: (S. Plakolm-Forsthuber)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 59, 2007), S. 105f.
geboren in Teplitz
gestorben in Wien

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