Śliwiński, Jan

Sliwinski(-Effenberger) Jan (Hans),Übersetzer, Schriftsteller, Sänger und Komponist. Geb. Wien, 5. 5. 1884; gest. Warszawa (Polen), 31. 7. 1950.

– Sohn des Landschaftsmalers und Lithographen Robert Sliwinski (geb. Lissa, Preußen / Leszno, Polen, 1840; gest. Breslau, Preußen / Wroclaw, Polen, 5. 9. 1902) und einer Hofdame, wurde S. vom Ehepaar Effenberger adoptiert, dessen Namen er bis 1914 allein führte. Er maturierte 1902 am Prager Altstädter Gymn. und stud. in Berlin und an der dt. Univ. Prag Germanistik (u. a. bei A. Sauer, s. d.), Anglistik und Romanistik; 1908 Dr. phil. Zwischen 1899 und 1909 komponierte er in Wien und Prag neben anderen Musikstücken 16 Lieder, tw. nach eigenen Texten. Ab 1904 betätigte er sich als Rezensent literar., wiss. und musikal. Neuerscheinungen für die Tagesztg. „Mährisch-Schlesischer Correspondent“ und die Z. „Deutsche Arbeit“. 1908–09 war S. Volontär und Praktikant an der Prager Univ. bibl., 1909–11 an der Wr. Hofbibl., 1911–12 Skriptor an der Habsburg-Lothring. Familien-Fideikommiß-Bibl. Im Herbst 1913 noch in Prag, übersiedelte er mit seiner aus Irland stammenden ersten Frau und seinen beiden Söhnen nach London, kehrte im Sommer 1914 nach Österr. zurück und trat, aus gesundheitl. Gründen vom Dienst in der österr. Armee befreit, in die zunächst im Rahmen der k. u. k. Armee operierende Poln. Legion ein, in der er u. a. Konzerte organisierte und selbst als Sänger auftrat, aber auch zum Piloten ausgebildet wurde. Im Frühjahr 1916 organisierte S. in Zürich eine Ausst. über die Poln. Legion. Darauf ging er nach Krakau (Kraków), gab Liederabende und lehrte an der Univ. Dt. und Engl. 1921 nach Paris übersiedelt, führte er dort kurzfristig eine Buchhandlung, in der auch seine Freunde Franz Theodor Csokor, Adolf Loos und Karl Kraus (beide s. d.)verkehrten. 1921 erschien seine dt. Übers. (aus dem Engl.) einer Ged. smlg. Rabindranath Tagores („Der Gärtner“), aus der Alexander Zemlinsky sieben Ged. vertonte. Ab 1928 wieder in Warschau, lebte S. dort als Sänger, Konzertgeber und Übers. poln. Lieder ins Dt. 1930 heiratete er die poln. Dichterin und Journalistin Nina Okuszko. Ab 1933 unterrichtete er Dt. an der Warschauer Militärakad. und begann eine intensive Tätigkeit als Komponist. Regisseur und Organisator am Inst. für Kunstpropaganda. In diese Zeit fällt auch die Zusammenarbeit mit dem Komponisten Karol Szymanowski, dessen vertonte Ged. „Piesni kurpiowskie“ er ins Dt. übers. 1937 folgte die Übers. des Librettos von Stanislaw Moniuszkos Oper „Straszny Dwór“ ins Dt. („Das Gespensterschloß“), die in dieser Fassung 1939 in Breslau uraufgef. wurde. Vor den dt. Truppen flüchtete S. vorerst nach Frankreich, dann nach England und Schottland, wo er als Übers. poln. Klassiker, Konzertorganisator und Mitarb. am Poln. Kulturinst. tätig war; 1950 kehrte er nach Warschau zurück.


Werke: Lenau und die Musik unter bes. Berücksichtigung der österr. Musikverhältnisse der 30er und 40er Jahre, phil. Diss. dt. Univ. Prag, 1908. – Übers.: Gf. A. de La Garde, Gemälde des Wr. Kongresses 1814–15, 1912 (aus dem Französ., m. biograph. Einleitung und Kommentar); R. Tagore, Der zunehmende Mond, 1915 (aus dem Engl.); F. Chopin, 17 Polish songs, 1941; etc.
Literatur: Frank–Altmann; Jahresber. über das Staats-Gymn. mit dt. Unterrichts-Sprache in Prag-Altstadt … (1900/01–1902/03), 1901–03; Die Fackel 27, 1925, Nr. 686–90, S. 37; F. Th. Csokor, Zeuge einer Zeit. Briefe aus dem Exil, 1964, bes. S. 212f.; P. Mitzner, Hans, wieczny tulacz, 1999.
Autor: (E. Hüttl-Hubert)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 58, 2005), S. 358f.
geboren in Wien
gestorben in Warschau

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