Schumacher, Philipp

Schumacher Philipp, Illustrator und Maler. Geb. Innsbruck (Tirol), 20. 5. 1866; gest. München, Dt. Reich (Dtld.), 21. 10. 1940.

Enkel von Casimir Carl S. (s. d.), Sohn von Karl S. (s. u. Franz S.), Bruder von Franz S. (s. d.), ab 1896 verehel. mit der Innsbrucker Kaufmannstochter Josefine Hopperger. S., der in einem stark kath. geprägten Elternhaus aufwuchs, zeigte bereits in der Schulzeit großes zeichner. Talent. Nach Absolv. des Gymn. inskribierte er 1885 an der jurid. Fak. in Innsbruck, gab jedoch das Stud. schon nach einem Jahr auf, um die Künstlerlaufbahn einzuschlagen. Nach einem Semester an der Wr. Kunstgewerbeschule stud. er 1887–95 (mit Unterbrechungen) an der Wr. Akad. der bildenden Künste, zunächst an der Allg. Malerschule, wobei v. a. die Märchenillustrationen Ludwig Richters, die S. häufig kopierte, zu dieser Zeit seine Malweise beeinflußten. In Josef Matthias v. Trenkwalds Meisterkl. für religiöse Historienmalerei lernte S. schließl. die Malerei der Nazarener kennen, die sein Schaffen zeitlebens entscheidend prägen sollte. 1895 führte ihn ein staatl. Auftrag nach Borgo di Valsugana, wo er als erste größere Arbeit Altarbilder für die dortige Pfarrkirche malte. Im selben Jahr übersiedelte S. nach Rom und stud. dort v. a. die Werke Raffaels. Hier schloß er sich der konservativen Vereinigung „Künstlerzunft“ an, die in der Tradition der Lukasbrüder eine Erneuerung der christl. Kunst aus dem Geist der Romantik anstrebte und deren Mentor der spätere Kardinal und Erzbischof von Wien, Franz Xav. Nagl (s. d.), war. 1896 erhielt S. den Auftrag für Illustrationen zu Paul Maria Baumgartens dreibändigem Werk „Die katholische Kirche in unserer Zeit und ihre Diener in Wort und Bild“; 1899 lieferte er Entwürfe zu einem Mosaik an der Fassade der Dreiheiligenkirche in Innsbruck. 1900 zog S. nach Berlin, wo u. a. ein Kreuzweg für die St. Matthiaskirche und Aquarelle für das religiöse Bilderwerk „Das Leben Jesu“ entstanden. In der Folge beteiligte sich S. 1904 mit Aquarellen an der Ausst. der Dt. Ges. für christl. Kunst in Regensburg, im darauffolgenden Jahr nahm er die Arbeit zur Illustration der „Katholischen Schulbibel“ von Jakob Ecker auf, durch die er einen großen Bekanntheitsgrad erlangte. 1906 übersiedelte S. nach München, wo er dem Münchner Kunstver. und der Dt. Ges. für christl. Kunst beitrat. Diese Mitgliedschaft ermöglichte es ihm, seine Beziehungen zum führenden Klerus der kath. Kirche auszubauen, der ihm zahlreiche Aufträge, v. a. für religiöse Buchillustrationen, vermittelte (1910 erhielt er von Papst Pius X. ein Gedenkbl. mit persönl. Widmung). Seine günstige wirtschaftl. Lage ermöglichte ihm 1911 den Bau eines eigenen Wohn- und Atelierhauses im Münchner Villenvorort Gern. Ab 1913 war S. vermehrt als Tafelmaler gefragt; bis 1934 entstanden Altargemälde für Kirchen in Bayern, Westfalen, Tirol, Sbg. und der Schweiz. Dem Wandel der kirchl. Kunst nach dem Ersten Weltkrieg und der damit veränderten Auftragslage entsprechend, beschäftigte sich S. ab 1919 auch mit der kirchl. Monumentalmalerei. Anläßl. seines 60. Geburtstages wurden S. zahlreiche Ehrungen zuteil: Papst Pius XI. verlieh ihm das Ritterkreuz des Gregorius-Ordens, in München ehrte die Dt. Ges. für christl. Kunst den Jubilar mit einer Kollektivausst. S.s Werk verschließt sich allen neuen Strömungen der Malerei des späten 19. und frühen 20. Jh. Bis zu seinem Lebensende hielt der Künstler am nazaren. Erbe fest. Er ist damit ein typ. Vertreter jener retrospektiven kirchl. Malerei, die im geistigen Klima des Antimodernismus bis zur Mitte der 1920er Jahre von zahlreichen kath. Auftraggebern und der Dt. Ges. für christl. Kunst in Dtld., der Schweiz und Österr. postuliert wurde. Bedeutung erlangte S. hauptsächl. als Illustrator: Generationen von Schulkindern in Dtld. und Österr. wuchsen mit seinen Bildern für Schulbibeln, Katechismen und Gebetbücher auf. Der Bestand an Altarbildern und Wandgemälden ist durch Kriegseinwirkung und Beseitigungen infolge der liturg. Neuordnung in den 60er Jahren stark dezimiert.


Werke: Illustrationen zu: P. M. Baumgarten, Die kath. Kirche in unserer Zeit …, 3 Bde., 1899–1902; J. Schlecht, Das Leben Jesu, 1902; F. X. Thalhofer, Vom göttl. Heiland, 1907; V. Kolb, Das Leben Mariae, 1910; H. Bihlmeyer – J. Kreitmaier, An hl. Stätte, 1924; Kath. Religionsbüchlein …, 1927; G. Götzel, Mein erstes Meßbüchlein, 1927; W. Pichler, Kath. Religionsbüchlein …, 15. Aufl. 1937; usw. – Gemälde: Mariä Opferung und Darstellung im Tempel, 1895–99 (Pfarrkirche, Borgo di Valsugana); Mosaik, 1900 (Dreiheiligenkirche, Innsbruck); Hl. Franziskus und Die unschuldigen Kinder, 1914/15 (St. Anna Basilika, Altötting, Dtld.); Marienzyklus, 1926 (Neue Pfarrkirche, Weerberg, Tirol); Kreuzweg, 1934 (Christkönigkirche, München); Die unschuldigen Kinder (Kirche zum Hl. Rupert, Bischofshofen, Sbg.); zahlreiche Kriegsgedächtnisbilder 1918ff.; usw. – Publ.: Die Ausst. der „Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst“ in Regensburg, in: Der Kunstfreund, NF 20, 1904.
Literatur: Tiroler Anzeiger, 19. 5. 1926; Neues Münchner Tagbl., 17. 4. 1941; O. v. Lutterotti, in: Die österr. Furche, 4. 11. 1950, S. 6; ders., in: Tiroler Tagesztg., 20. 5. 1966; Bénézit; Fuchs, 19. Jh.; Fuchs, Erg.Bd.; Thieme– Becker; Der Kunstfreund, NF 17, 1901, S. 5, 18, 1902, S. 113f., 20, 1904, S. 141f., 22, 1906, S. 56, 27, 1911, S. 6f.; Historienmaler Ph. S.: Religiöse Wandbilder in farbigen Kunstdrucken, 1911; Die christl. Kunst 11, 1914/15, S. 252; Beitrr. zur Familiengeschichte, hrsg. von E. Schumacher v. Marienfrid, 1924, s. Reg.; M. Hartig, in: Die christl. Kunst 22, 1925/26, S. 230ff., 334; Jb. des Ver. für christl. Kunst in München 6, 1926, S. 334f.; Academia 39, 1926, n. 2, S. 34f., 42, 1930, n. 9, S. 278ff.; F. Noack, Das Deutschtum in Rom seit dem Ausgang des Mittelalters 2, 1927, S. 544; J. Karl, Aus den Ateliers des 23. Stadtbez. 1, 1928; Alte und neue Welt 66, 1932, S. 299ff.; K. Fischnaler, Innsbrucker Chronik 5, 1934; H. Hochenegg, Die Kirchen Tirols, 1935, S. 12, 73, 304; W.-H. Deus – E. Linnhoff, in: Soester Z. 94, 1982, S. 80; G. Pfaundler, Tirol Lex., 1983; Pfarrnachrichten St. Matthias, Berlin-Schöneberg 3, 1985; Die sakralen Kunstdenkmäler der Stadt Innsbruck 1, bearb. von J. Felmayer u. a. (= Österr. Kunsttopographie 52/1), (1995), S. 427, 430ff., 451; Archiv der Akad. der bildenden Künste, Wien.
Autor: (B. Feiler)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 54, 1999), S. 362f.
geboren in Innsbruck
gestorben in München
wirkte in Borgo Valsugana 1895
wirkte in Rom
wirkte in Innsbruck 1899
wirkte in Berlin 1900
wirkte in München 1906
hielt sich auf in Gern
wirkte in Bayern
wirkte in North Rhine-Westphalia
wirkte in Tirol
wirkte in Salzburg
wirkte in Schweiz
war Student Universität Innsbruck 1885
war Student Kunstgewerbeschule Wien 1886
war Student Akademie der bildenden Künste Wien 1887-1895
war Mitglied Künstlerzunft (Rom)
war Mitglied Münchener Künstler-Genossenschaft Königlich Privilegiert 1868 1906
war Mitglied Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst 1906
war Mitglied päpstlicher Gregoriusorden

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