Schrammel, Anton

Schrammel Anton, Politiker und Gewerkschafter. Geb. Wien, 13. 11. 1854; gest. ebenda, 12. 3. 1917.

Sohn eines Eisenbahnkondukteurs; konfessionslos. S. mußte nach dem frühzeitigen Tod seiner Eltern seine Schulausbildung abbrechen und erlernte die Bernstein- und Meerschaumdrechslerei. Nach Jahren der Wanderschaft als Geselle, die ihn durch ganz Europa führte, wurde er – gem. mit Jakob Reumann (s. d.) – Mitbegründer und später Obmann des gewerkschaftl. Drechslerverbandes in Wien. Nachdem er im Zusammenhang mit seiner gewerkschaftl. Tätigkeit seinen Arbeitsplatz verloren hatte, red. er ab 1891 das Verbandsorgan „Fachblatt der Drechsler“. S., ab 1892 Mitgl. des Parteivorstands der Sozialdemokratie, entfaltete eine rege Agitations- und Versammlungstätigkeit, was ihm u. a. 1894 eine Verurteilung zu sechs Monaten schweren Kerkers eintrug. Er wandte sich dann von seinem bisherigen Berufsbereich ab und war ab 1896 als Hrsg. und Red. der „Gleichheit (Neunkirchner Volkszeitung)“ in Neunkirchen tätig. 1897–1901 gehörte er zu den ersten sozialdemokrat. Abg. im Reichsrat, übersiedelte 1898 nach Aussig (Ústí nad Labem) und gab dort die Ztg. „Volksrecht“ heraus. 1906 kehrte er wieder nach Wien zurück und fungierte als Sekretär des Verbandes der Arbeiter der chem. Ind. sowie als Hrsg. und Red. von dessen Verbandsztg. Ab 1907 war S. Mitgl. der Gewerkschaftskomm. sowie 1907–11 erneut Reichsratsabg., wobei er v. a. für sozialpolit. Anliegen der Arbeiterschaft, wie etwa für verbesserte Arbeits- und Lohnverhältnisse bei Salinen- und Forstarbeitern oder gegen die Lebensmittelverteuerung eintrat. Als Delegierter wurde er zu den Kongressen der Internationale 1907, 1910 und 1912 entsandt. S. war ein Vorkämpfer der Gewerkschaftsbewegung und einer der bedeutendsten Vertrauensmänner und Organisatoren der dt.-böhm. sozialdemokrat. Arbeiterbewegung.


Werke: Gegen die Aushebung von Rekruten und gegen das stehende Heer, 1900; Die Landtagswahlen und das werktätige Volk, 1901; Aus der nordwestböhm. Arbeiterbewegung, in: Der Kampf 6, 1913; Ein Ruf der Arbeiterschaft der chem., Gummi- und Papierind. nach Arbeiterschutz, 1914; zahlreiche Artikel in der Arbeiter-Ztg. sowie sozialdemokrat. und Gewerkschaftsztg., usw.
Literatur: Arbeiter-Ztg., 27. 4., 8. 5., 15. 6. 1894, 28. 3. 1897, 12. (Mittagsausg.), 13. 3. 1917; Bohemia, 13. 3. 1917; Der Drechsler 28, 1917, n. 4, S. 2f.; Die Gewerkschaft 19, 1917, n. 12; Verbands-Ztg. Organ der Arbeiterschaft der chem. Ind. und der verwandten Berufe Oesterr. 20, 1917, n. 6, S. 1; L. Brügel, Geschichte der österr. Sozialdemokratie 4, 1923, 5, 1925, s. Reg.; F. Klenner, Die österr. Gewerkschaften 1, vor S. 305 (Bild), 333; K. Flanner, Geschichte der Wr. Neustädter Gewerkschaftsbewegung 1889–1945, 1, (1978), passim; Archiv des Ver. für Geschichte der Arbeiterbewegung, Parlamentsarchiv, beide Wien; Collegium Carolinum, München, Deutschland.
Autor: (B. Unfried)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 52, 1997), S. 171
geboren in Wien
gestorben in Wien

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